JANUAR
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2004
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Historienbilder erzählen: David, "Liktoren bringen Brutus seine toten Söhne" |
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Jacques-Louis David (1748-1825) siehe auch: |
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Brutus, erster Konsul von Rom, war der Begründer der römischen Republik. David zeigt in seinem Gemälde den Augenblick, als Brutus' Leibgarde, die Liktoren, ihm die Leichnahme seiner Söhne bringen. Brutus selbst hatte die Hinrichtung seiner Söhne angeordnet, als er erfuhr, dass diese gegen ihn konspirierten, um den König wieder einzusetzen. In seiner Hand hält er noch das Papier, mit dem ihm die Nachricht überbracht wurde. Bei der Betrachtung des Bildes fällt als erstes die ungewöhnliche Lichtführung auf. Das Auge des Betrachters wird von Lichteinfall und Diagonalen nicht gelenkt, sondern muss springen. In einer horizontalen Ausrichtung bildet der Held keinen Mittelpunkt, um den herum das Bild komponiert wäre. Stattdessen fällt dem Betrachter als erstes die hell ausgeleuchtete Frauengruppe auf. Die Frauen zeigen sukzessive Stadien der Trauer: vom Schrecken der ersten Tochter über die Anklage der Mutter und die Ohnmacht der zweiten Tochter bis hin zur Trauer der Magd. Brutus hingegen sitzt im Schatten verborgen, was von seinen düsteren Gedanken zeugt. Seine Haltung entspricht dem klassischen Ausdruck der Melancholie, doch er vollzieht die Geste nicht ganz - der Kopf ist nicht aufgestützt. Sein verdrehter Körper, die geballte Faust und die verkrampften Füße verraten sein inneres Leid. Wie auch im "Schwur der Horatier" geht es um den Konflikt zwischen privatem Glück und öffentlichen Interessen, der durch die Zweiteilung von trauernden Frauen und pflichtbewusstem Patriarch verdeutlicht wird. Brutus, der seine eigenen Gefühle unter das Wohl der Republik
gestellt hat, blickt aus dem Bild heraus und gibt den Konflikt so
an den Betrachter weiter. Doch das Geschehen ist bereits vorbei -
die Söhne sind tot - und es ist auch keine Handlungsmöglichkeit
angelegt. Der Konflikt zwischen Privatem und Öffentlichem ist
nicht auflösbar. aw |