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SPRACHE

 

Sprachpflege auf Milchtüten
Sprachschutz in Island

Sobald Sprachpflege oder gar Sprachschutz zur Debatte stehen, fällt meistens die Rede auf unseren Nachbarn Frankreich, sei es nun als nachahmenswertes Vorbild oder als abschreckendes Beispiel. Ob nun die berühmt berüchtigte Loi Toubon - ein Gesetz, das die Verwendung von Anglizismen im öffentlichen Bereich untersagt und sogar mit Geldbußen ahndet - positiv oder negativ gesehen wird, hängt dabei vom jeweiligen Standpunkt ab. Doch nicht nur in Frankreich kümmert man sich um seine Muttersprache. Auch in einem Land, das gerade einmal ungefähr 280.000 Einwohner zählt, hat die Bemühung um die eigene Sprache Tradition: Auch wenn in Island fast jeder zwei Fremdsprachen spricht, in der Regel Dänisch und Englisch, will man dort das Isländische auf keinen Fall vernachlässigen.

Das moderne Isländisch, das zur nordgermanischen Gruppe der indogermanischen Sprachen zählt, unterscheidet sich kaum von seiner ursprünglichen Form, wie sie im späten 9. Jahrhundert durch norwegische und britische Siedler entstand. Dies mag etwa an der relativ isolierten Insellage liegen oder auch an dem besonderen Spachbewusstsein der Isländer, denn trotz des starken dänischen Einflusses - Dänemark hatte bis 1944 über 500 Jahre die Herrschaft über Island inne - konnte sich íslenska (das Isländische) behaupten.

Bereits im 17. Jahrhundert begannen Bestrebungen, Lehnwörter systematisch fernzuhalten. Daher stammt auch die große Anzahl von Wortneuschöpfungen durch Sprachkommittees, Wissenschaftlern oder der allgemeinen Öffentlichkeit, die heutzutage zunehmend internationale oder englische Wörter ersetzen. Dabei versucht man anstatt Lehnwortbildungen auf Umschreibungen mit altem isländischen Vokabular zurückzugreifen. Für das englische Wort Computer steht deshalb im Isländischen "tölva", was soviel heißt wie Zahlenprophet und anstatt des Internationalismus Film spricht der Isländer von "kvikmynd", also von Lebendbild.

Zentrales Organ für derartige Wortkreationen ist seit 1985 Íslensk málstöð (das isländische Sprachinstitut). Darüber hinaus ist man in einer internationalen Zusammenarbeit mit Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden eingebunden. Im Rahmen dieses Netzwerks mit dem Namen Nordterm, in dem die jeweiligen Terminologiekommissionen zusammengefasst sind, werden Erfahrungen ausgetauscht und die terminologische Arbeit abgestimmt.

Doch neben der rein wortschöpferischen Tätigkeit ist auch Aufklärung angesagt. So beantwortet das isländische Sprachinstitut auch Anfragen zum Thema Sprache und bietet Unterstützung für Übersetzer. Beispiellos für Information über Sprachpflege ist wohl eine Kampagne, bei der die größte Molkerei des Landes die Rückseiten der Milchkartons mit 140 verschiedenen Motiven und informativen Mitteilungen über die Aspekte der Sprachpflege bedruckte.

Was aber noch viel mehr zum Aufblühen des Isländischen beigetragen haben mag ist die Einstellung der Isländer selbst zu ihrer Sprache und zu ihrer Literatur. Sie bezeichnen sich selbst als absolute Sprachpuristen und bringen jedes Jahr 200 neue Bücher auf den Markt, wie in einem Spiegelartikel berichtet wird. Vielleicht rührt die Liebe zum Geschichtenerzählen vom dunklen und rauhen Klima her, das die Menschen schon immer die warme Stube bevorzugen ließ. Kein Wunder, dass ihnen auch ihre Sprache besonders kostbar ist.

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