JUNI
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2006
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Warum ruft
der Spanier "olé"?
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Der Wortschatz einer Sprache kann viele tausend Wörter umfassen, z. B. - abhängig von der Zählweise - ca. 200.000 im Französischen oder über 300.000 im Deutschen. Aber woher kommen all diese Wörter? Eine wichtige Quelle ist der Kontakt zwischen mehreren Sprachen, durch geographische Nähe oder historische Entwicklungen, wie Eroberungen. Und so kam auch der Spanier zum "olé": In der Sprachwissenschaft werden die Begriffe Superstrat, Substrat oder Adstrat verwendet, um zu beschreiben, wie eine Sprache oder Varietät eine andere beeinflusst hat. Das Superstrat ist dabei die Sprache des politisch dominierenden Volkes, das Substrat die des Unterlegenen. Der Begriff Adstrat bezieht sich auf eine Situation in der eine Sprache von einer anderen beeinflusst wurde, ohne dass ein direkter Konflikt vorlag. Und so kam auch das "olé" ins Spanische; ursprünglich stammt es nämlich vom arabischen Ausruf "wa (a)llah" (bei Gott!). Und nicht nur das "olé": Zwischen 800 und 900 Wörter und weitere davon abgeleitete Begriffe des Spanischen stammen aus dem Arabischen. Ein Fall, an dem man gut sehen kann, wie die historische Situation den Einfluss einer Sprache auf eine andere bedingen kann. Nachdem das Gebiet des heutigen Spaniens schon von verschiedenen Völkern, wie den Griechen, Römern oder Kelten besiedelt worden war, fielen zu Anfang des 8. Jahrhunderts, begünstigt durch die internen Streitigkeiten der in Spanien regierenden Westgoten, die Araber ein. Während ungefähr 8 Jahrhunderten sollten sie Spanien beherrschen, bis die Zersplitterung in viele kleine Reiche ihre Herrschaft schwächte und die christlichen Rückeroberungsbemühungen, ausgehend vom christlich geprägten Norden, sich durchsetzen konnten. Die Spuren der arabischen Herrschaft sind aber auch heute noch, u. a. in der Sprache gegenwärtig. Ohne die arabischen Einflüsse und die historische Verschiebung der Machtverhältnisse hätte die spanische Sprache heute höchstwahrscheinlich eine andere Form, die noch stärker den direkten Einfluss des Lateinischen enthielte. Während der arabischen Herrschaft jedoch vermischten sich Latein, regionale Dialekte und das Arabische und beeinflussten einander gegenseitig. Durch den Aufbau administrativer, kultureller und wissenschaftlicher Strukturen überwog das Arabische in Wissenschaft, Kultur und Verwaltung und stellte auch die offizielle Sprache dar. Allerdings erhielten sich die regionalen Dialekte im privaten Bereich und wurden v. a. mündlich verwendet, sodass es oftmals zu von Zweisprachigkeit geprägten Situationen kam. Auf den andalusischen Dialekt wirkte das Arabische als Superstrat, auf die restlichen, die territorial vom arabischen Machtzentrum weiter entfernt waren, eher als Adstrat. So kam das Arabische auf zwei Wegen ins spätere Spanisch: einerseits durch den direkten Einfluss und andererseits indirekt über die Beeinflussung der einzelnen weiterhin nebenher existierenden Dialekte, die ihrerseits Elemente weitergaben. Während der Rückeroberung Spaniens wurden nämlich die nordspanischen Dialekte, wie das Kastilianiche, Vorläufer des heutigen Spanischs, oder das Katalanische, die ebenfalls mit den restlichen Dialekten und dem Arabischen in Berührung standen, immer mächtiger und setzten sich im Laufe der Zeit durch. Auf diese Weise finden wir im heutigen Spanisch zahlreiche auf das
Arabische zurückgehende Wörter. Der indirekte Einfluss schlug
sich, gemäß der Verwendung der betroffenen Dialekte, eher
in der Benennung von Orten, Nahrungsmitteln oder häuslichen Gegenständen
nieder (z. B. "búcaro", Wasserkrug). Diejenigen,
die dagegen direkt entlehnt wurden, wie "cifra" (Ziffer)
oder "alcalde" (Bürgermeister), decken fast alle Bereiche
des Lebens ab, v. a. die der Verwaltung, Architektur, Bekleidung,
oder Wissenschaft und wurden in letzterem Fall auch in andere europäische
Sprachen weitergetragen. bk |