NOVEMBER
2006

 
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MEDIEN


Auf dem Zeitschriftenmarkt: "Schöngeist"

"Schöngeist"
ApoDion Verlag
Im ausgewählten Zeitschriftenhandel für 8 Euro
oder über www.schoengeist.at

Seit nunmehr zwei Jahren existiert die eigenwillige Zeitschrift "Schöngeist", die sich als "magazin für kunst_ leben_ denken" begreift und vierteljährlich eine Mischung aus Prosa, Lyrik, Malerei, Fotografie, Dokumentationen und Essays auf den Markt wirft.

Herausgeber ist der ApoDion Verlag, verkörpert von Tanja Porstmann, die die Zeitschrift zusammen mit nur einer weiteren Redakteurin stemmt. Die Beiträge setzen sich zusammen aus Einsendungen der Leser, Auftragsarbeiten sowie neueren und älteren Texten verschiedener Autoren. Von Pierre Fischer äußerst ansprechend gestaltet und auf hochwertigem Papier gedruckt, ist "Schöngeist" zweifellos ein optisches und haptisches Vergnügen. Dank der Hilfe eines privaten Sponsors kommt das Magazin momentan noch ohne Werbeanzeigen aus.

Mit dem Titel "Schöngeist", der auf die "Verbindung von Leben und Kunst" verweist, soll ein "Geist weiter getragen werden", so das Selbstbekenntnis, "dessen Wurzeln seines verbindenden und ganzheitlichen Denkens in der Antike zu finden sind". Jedes der bisher zehn erschienenen Hefte widmet sich einem Rahmenthema. Die letzten beiden Rahmenthemen muten konkret an: "Tanz" und "Malerei" heißen sie. Welche Note das Heft aber tatsächlich anschlägt, offenbart sich einem, wenn man die vorigen Themen betrachtet: Da geht es um "Wahrheit", "Glaube" und "Aufbruch", und die ersten beiden Ausgaben geben sich besonders metaphysisch mit den Titeln "Versuchung des Augenblicks" und "Das Danach ist zugleich ein Davor". Im gleichen Tenor sind den Rubriken so verschrobene Namen wie "Kunstkristall", "Gedankenbahn", "Sichtbarkeit", "Begegnung" und "Zeitschnitt" verliehen.

Der Ton der Artikel ist denn auch in erster Linie weniger journalistisch als poetisch - eine bewusste Entscheidung, wie Tanja Porstmann versichert: "Das Poetische durchdringt alle Ausgaben und war Ansatzpunkt der Herausgabe." Bei einigen Beiträgen ist dies besonders zu spüren. Statt auf schnöde Informationsvermittlung setzt man auf höhere Sphären, will "eher Stimulationscharakter denn umfassend recherchierte Beiträge" bieten.

Die Befürchtung des schöngeistigen Schwadronierens, die sich erst einmal einstellt, bewahrheitet sich bei genauerem Hinlesen jedoch nur selten. Zwar darf man in der neuesten Ausgabe, "Malerei", keine klassischen Bild- oder Ausstellungsbesprechungen erwarten, doch wenn man sich erst einmal durch den naturgemäß streitbaren Prosa-Lyrik-Teil gearbeitet hat, haben die Beiträge (zumeist) Substanz. Die Ansätze sind vielseitig - kulturhistorisch, philosophisch, anthropologisch. So widmet sich die aktuelle Ausgabe beispielsweise der Frage, was es bedeutet zu malen, und lässt in einer Zitat-Collage die Maler selbst antworten. Das Verhältnis der Malerei zur Fotografie und zur Schrift wird berührt; ein Artikel beschäftigt sich mit dem biblischen Bilderverbot, ein anderer mit Körperkunst bei Naturvölkern. Natürlich fehlen auch nicht neuere Werke von verschiedenen Malern, die den obligatorischen Prosa- und Lyriktexten gegenübergestellt werden.

"Schöngeist" ist nichts für Leser, die von einer Zeitschrift vor allem Informationsvermittlung oder gar Unterhaltung erwarten. Mit einer Auflage von 5.000 Exemplaren setzt man statt auf eine breite Masse auf eine ausgewählte Käuferschicht, deren elitärer Charakter sich nach dem Willen der Herausgeberin allerdings nicht über die soziale Klasse definieren soll: "Wenn elitär sein bedeutet, das Leben aus einer herausgehobenen Position zu betrachten, die sich nicht auf sozialen Status beschränkt, dann ist jeder Schöngeist auch elitär." Mit seinem eigensinnigen Charakter vermag das Magazin sich immerhin von anderen Produkten abzuheben, und es bleibt ihm zu wünschen, dass sich auch weiterhin genug schöngeistige Leser finden.

aw