MAI
2004

 
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Im Kino: "Die purpurnen Flüsse 2 - Die Engel der Apokalypse"
"Les rivières pourpres 2 - Les anges de l'apocalypse"
Olivier Dahan
Frankreich 2004

Der zweite Teil eines erfolgreichen Films gerät oft nur zu einem schlechten Aufguss des Originals. Bei "Die purpurnen Flüsse 2" sollte dies nach der Meinung eines bekannten Berliner Stadtmagazins anders sein: Die Fortsetzung sollte das (in diesem Fall schlecht bewertete) Original in seiner Qualität deutlich übertreffen. Freilich ein Verstoß gegen alle cineastischen Regeln, der sich aber durch einen Wechsel auf dem Regiestuhl erklären ließe: Statt Matthieu Kassowitz führte Olivier Dahan Regie. Da die Schreiberin dieser Zeilen den ersten Teil trotz der nicht eben guten Kritiken großartig fand, ist sie mit entsprechenden Erwartungen ins Kino gegangen, um sich "Die purpurnen Flüsse 2" anzusehen. Eine herbe Enttäuschung.

Zunächst einmal ist die Geschichte in den meisten Zügen so affig und unlogisch, dass man oft nicht anders kann als unfreiwillig zu lachen. Da ballern zum Beispiel die Bösen eine ganze Wagenladung Patronen aus ihren Maschinengewehren auf die wehrlosen Helden, um die beiden dann am Ende doch noch zu betäuben und auf eine alberne Art und Weise zu fesseln, die den den Helden schließlich das Überleben sichern wird. Gut, das Stichwort mag hier "Selbstironie" sein. Die aberwitzigen Verfolgungsjagden, Schießerein und Nahkampfszenen kann man ja auch gar nicht ernst nehmen. Gesichtslose Mönche fliegen durch die Luft und lassen sich auch von Kugeln nicht aufhalten, na klar.

Solche Effekte sind ja schön und gut, aber das tröstet nicht darüber hinweg, dass die Geschichte unter all diesen Mätzchen mehr als vernachlässigt wird. Im ersten Teil der "Purpurnen Flüsse" ermitteln die beiden Komissare zunächst parallel, und man hat als Zuschauer absolut keine Ahnung, wie sich beide Erzählstränge zusammenführen ließen. Erst nach und nach ergibt sich aus den einzelnen Puzzleteilen ein komplexes Ganzes, das den Zuschauer zum Mitdenken zwingt. Auch im zweiten Teil hat man dieses Konzept übernehmen wollen, was aber danebengegangen ist: Auch hier ermitteln Koryphäe Niemans (Jean Reno) und Jungkommissar Reda (Benoît Magimel) kurze Zeit parallel, aber wie die beiden Fälle zusammengehören, ist schnell klar.

Zwölf selbst ernannte Apostel eines selbst ernannten Jesus werden auf bestialische Art und Weise von den ebenso selbst ernannten Engeln der Apokalypse umgebracht. Da wird gekreuzigt, eingemauert und verstümmelt, ein Aufwand, der sich höchstens durch religiösen Wahn erklären ließe - doch in Wahrheit geht es nur um das simple Ziel, ein paar unliebsame Zeugen auf dem Weg zu einem "neuen Europa" aus dem Weg zu räumen. Das hätte man auch einfacher haben können. Schnell wird offensichtlich, in welche Richtung die Geschichte geht, und der Rest des Films bietet keinerlei Überraschungen oder Spannungen mehr an. Das war im ersten Teil gänzlich anders.

Besonders traurig ist es mitanzusehen, wie aus dem herrlich bissigen, menschenfeindlichen Einzelgänger Niemans des ersten Teils plötzlich ein zahmes Schoßhündchen geworden ist - schade um den großartigen Jean Reno. Schlussendlich bestätigt sich die Regel also doch: Der zweite Teil der "Purpurnen Flüsse" ist nur ein müder Abklatsch des Originals, für den sich die Kinokarte nicht lohnt.

aw