JANUAR
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2002
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"Ich
geh' nach Hause" - Wenn Schuhe reden können
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Der erfolgreiche Theaterschauspieler Gilbert Valence (Michel Piccoli) verliert Frau, Tochter und Schwiegersohn in einem Autounfall. Er bleibt allein zurück mit seinem Enkel und seiner Haushälterin. Er muß das Leben bewältigen. Er lebt einfach weiter. Er klagt nicht. Wenn man ihn fragt: "wie geht es dir", antwortet er: "gut". Bis er zusammenbricht und mitten in der Probe zu einer Verfilmung von James Joyce' Ulysses sagt: "Ich geh' nach Hause" "Ich geh' nach Hause" ist ein Anti-Film. Ein Film fast ohne Handlung, der den Filmgesetzen zuwiderläuft. Erstes Gesetz, gegen das er verstoßt: Wenn sich zwei unterhalten, dann zeige ihre Gesichter. Regisseur Manoel de Oliveira beschränkt sich stattdessen schon mal auf die Schuhe der Gesprächspartner. Zweites Gesetz: Wenn du ein Gespräch zeigst, muß man es auch hören. In "Ich geh' nach Hause" sitzen die Figuren im Café und unterhalten sich - und der Zuschauer steht draußen, kann nur reingucken, aber nichts verstehen. Drittes Gesetz: Wenn du eine Straßenkreuzung filmst, muß auch was passieren. Im Film sieht man immer wieder die gleiche Kreuzung: Die Autos biegen um die Ecke, das ist alles. "Ich geh' nach Hause" hat die Trauer zum Thema und zeigt sie nicht - keine Tränen, keine Pathetik. Und doch spürt man sie im Alltag dieses Schauspielers. Man spürt sie in den ruhigen, poetischen Bildern. Mit 93 Jahren hat der portugiesische Regisseur Manoel de Oliveira einen unbedingt sehenswerten Film geschaffen, der sich mit unkonventionellen Einfällen erfrischend vom Mainstream-Kino abhebt. aw |