NOVEMBER 01
 
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LITERATUR


Uwe Timm: "ROT"
Uwe Timm
"ROT"
Kiepenheuer & Witsch, 2001

Thomas Linde befindet sich in einem Schwebezustand ­ eben noch hat er bei Rot die Ampel überquert, der Unfall schien unvermeidlich. Er, der Jazzkritiker und Beerdigungsredner, hält in diesem Zustand einen letzten Monolog an die "verehrte Trauergemeinde", in der er verschiedenste Facetten seines Lebens kunstvoll zu einem Gesamtporträt verwebt, der Leser ahnt, dass er Abschied nimmt.

So erfahren wir Leser von seiner Münchner Studentenzeit in den späten 60er Jahren, wo sich seine politische und gesellschaftlichen Ideale gründeten, von seinem Lebensweg und dem seiner damaligen Freunde, von seinen Liebesbeziehungen und vor allem von seiner Liaison mit der deutlich jüngeren Lichtdesignerin mit dem symbolträchtigen Namen Iris. In den Begegnungen mit Iris spiegelt sich immer wieder Lindes gegenwärtige Identität.

Eine Wende im Leben Thomas Lindes tritt ein, als er beauftragt wird, die Trauerrede auf seinen Studienfreund Aschenberger zu halten. Lange hat er ihn schon aus den Augen verloren. Im Nachlaß Aschenbergers findet sich Sprengstoff, mit dem dieser die Siegessäule sprengen wollte. Der Sprengstoff dient Linde wie ein Schlüssel zu seiner Vergangenheit, er besucht alte Freunde und zieht Bilanz.

Bei einer Buchpräsentation kreiste die Diskussion um "ROT" immer wieder darum, ob Uwe Timm hier mit seiner, der 68er Generation, abrechnet ­ ein Thema, das seit Joschka Fischers Werdegang zum Außenminister in vielen Kolumnen Platz fand. Doch erscheint der Roman vielmehr als das Porträt verschiedener Menschen und Lebenswege, die sich unter dem Schlagwort 68er Generation bündeln lassen. Politische Literatur scheint in Deutschland gerade unter den Hype der neuen Jungliteraten selten geworden. Die Erwartungshaltung jedoch einer "Abrechnung mit den 68ern" wird Uwe Timms neuem Roman nicht gerecht.
Die Farbe Rot zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Roman, nicht zuletzt weil Thomas Linde eine Arbeit zu diesem Thema schreibt und so vergnügliche Assoziationen schafft. Der Roman erscheint zuweilen wie ein gemächlich erzähltes Puzzle schwarz-weißer Dogma-Filme aus denen rote Elemente hervorstrahlen...

Uwe Timm (geb. 1940) ­ inzwischen in Berlin ansässig - ist vielen Lesern spätestens seit der "Entdeckung der Currywurst" (Novelle, 1993) ein Begriff. Seinen neuen Roman "ROT" sieht er als den zweiten Teil eines Berlin-Zyklus an, den er mit "Johannisnacht"(Roman, 1996) begonnen habe. Wir dürfen auf die Fortsetzung gespannt sein.

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