FEBRUAR
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2006
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Frank Schätzing,
"Der Schwarm"
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Frank Schätzing
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Am 27. Oktober 2005 ist "Der Schwarm" von Frank Schätzing endlich auch als erschwingliches Taschenbuch erschienen. Grund genug, den in diesem Format sogar handlichen 1000-Seiten-Wälzer der eigenen Büchersammlung zuzuführen. Wirklich? Seltsame Naturkatastrophen in ungewöhnlicher Häufung bedrohen die Menschheit. Nachdem genügend Experten darauf aufmerksam geworden sind, entwickelt sich ein ungewöhnlicher Geschehensablauf, an dessen Ende sich die Menschen fragen müssen, was sie eigentlich mit "ihrem" Planeten anstellen und ob der ihnen eigentlich wirklich so allein "gehört", wie sie finden. Das mag als Inhaltsangabe genügen, um künftigen Lesern die Spannung nicht zu verderben. Mit hohen Erwartungen begann ich nach langer Vorfreude und mit einer sehr vagen Vorstellung vom Inhalt zu lesen. Anfangs begeistert vom Inhalt, gar nicht begeistert von den oftmals sehr unbeholfenen Sätzen voller Nomen, die als Adjektive besser ausgesehen und den Erzählfluß weniger gebremst hätten. Lästig auf Dauer auch die (leider zeitgemäße) Marotte von Herrn Schätzing, die Spannung mit immer demselben Trick - das Verflechten zahlreicher Erzählstränge, wobei immer an der spannendsten Stelle das Kapitel endet und ein älteres fortgesetzt wird - aufrechtzuerhalten. Nach dem zehnten Mal hat man kaum noch Freude daran, daß endlich die mittendrin unterbrochene Ergründung eines neuentdeckten Phänomens weitergeht. Häufig ist der Autor bemüht, den Erzählstil der Handlung anzupassen. An sich ein lobenswertes Bestreben, führt dies gerade gegen Ende des Buches zu langatmigen Ergüssen, die dem Leser allzu rasch als Geschwafel aufstoßen. Für einen Roman mit der Geschwindigkeit von "Der Schwarm" ist das einfach unpassend, sind die Sätze noch zu holprig. All das wäre - angesichts des exzellent recherchierten Inhalts - klaglos zu ertragen gewesen, wäre nicht ein Privatsender just in meiner Lesewoche darauf verfallen, James Camerons "The Abyss" in voller Länge auszustrahlen. Schätzing läßt seine Figuren regelmäßig über diesen Film sinnieren. Das mußte er wohl auch, um dem Verdacht zuvorzukommen, er habe die Hälfte seiner Geschichte bei Mister Cameron abgeschrieben. Äh... doch. Hat er. Auch wenn er seinen Roman offiziell "geträumt" hat. Klar, warum auch nicht. Aber offensichtlich in der Nacht, nachdem er den Film gesehen hat. Hätte er einen anderen Film gesehen oder gar keinen, hätte das Buch vielleicht eine spannendere Wendung bekommen. Die, mit der es auskommen muß, ist ebenso enttäuschend wie die Erkenntnis, wo sie ihren Ursprung hat. Die seltsamen und bedrohlichen Naturphämoneme verlieren beinahe schlagartig ihren Reiz, nachdem die eine, universelle Erklärung für all diese verschiedenen Szenarien gefunden und ansatzweise erläutert ist. Auch die Kernaussage des Romans - die Mahnung zu einem verantwortungsvolleren Umgang der Menschen mit "ihrer" Erde - wird dadurch völlig untergraben. Die Enttäuschung kann Schätzing aber durch die ausführlichen Darstellungen und Erläuterungen bio-, geo- und auch technologischer Prozesse ausgleichen, die das Buch letztlich lesenswert machen. Auch die Weltpolizei- und Weltretter-Rolle der USA stellt er nicht unrealistisch dar. Ebenso muß ihm zugutegehalten werden, daß es durchaus dazu in der Lage ist, Interesse zu wecken, sei es für die Tiefsee oder für die Umwelt im allgemeinen. Einige der Romanfiguren sind übrigens wirkliche Menschen aus Fleisch und Blut, die Schätzing mit wissenschaftlichem Rat und Tat zur Seite standen und die er so honorieren möchte. Eine hübsche Idee. Schätzings Buch ist trotz alledem zweifellos kein schlechtes, nur kränkelt es an einigen Stellen eben gewaltig. Es wäre ein Gewinn, wenn man es von den aufgeblasenen 1000 Seiten auf die Hälfte eindampfen und von dem reichlich vorhandenen, ausbremsenden Ballast des starken Nominalstils befreien könnte. Auch das periodische Zerhacken jedes einzelnen Erzählstranges setzt dem Buch gerade aufgrund seiner Länge zu. Etwas subtiler wäre besser gewesen. Man merkt, daß der Autor noch experimentiert. Fürs nächste Buch wäre die namentliche Erwähnung eines Germanisten zu empfehlen. Schade, ist "Der Schwarm" doch nicht einmal das Erstlingswerk des "Multitalents" Schätzing. Der Autor ist nebenbei nämlich noch Musiker und Chef einer Werbeagentur und hat bereits einen Krimi geschrieben, der im mittelalterlichen Köln spielt (den der Verfasser des Artikels leider noch nicht gelesen hat). Vielleicht folgen ja noch weitere Romane, und wieso sollte die Übung nicht den Meister aus Herrn Schätzing machen. Wieder einmal hat sich gezeigt, was von der Bestseller-Liste des
"Spiegel" zu halten ist: Durchschnittliche Mittelklasse.
Als Taschenbuch ist "Der Schwarm" passenderweise im Fischer-Verlag
erschienen und neu für 9,95 zu haben. mp |