JULI
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2004
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Mark Tobey (1890-1976) - einer der vergessenen Großen der Modernen Malerei |
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Typische Beispiele für die Kunst Mark Tobeys
finden sich in diesen Galerien: www.hachmeister-galerie.de www.artnet.com |
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Die schönsten und tief ergreifendsten Bilder, die ich kenne, stammen von Mark Tobey. Von all meinen Favoriten und Vorbildern ist er der wichtigste, mich in seiner Kunst berührendste Maler, der heute leider kaum noch Ausstellungen hat, geschweige denn in den kunstrelevanten Zeitschriften auch nur am Rande erwähnt wird. Mark Tobey wurde am 11.12.1890 in Centerville / Wisconsin geboren. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er in Trempealeau am Mississippi, wo er - nach seinen Aussagen - eine glückliche Kindheit verlebte. Das änderte sich, als die Familie 1906 in die Nähe von Chicago umzog, und sein Vater 1908 in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Mark musste die High School abbrechen, besuchte aber am Wochenende weiterhin Kurse am Art Institute in Chicago. Nebenbei arbeitete er als Modezeichner für Illustrierte, um seinen Teil zu den familiären Kosten beizutragen und die Kurse am Art Institute zu bezahlen. Im Jahr 1911 zog Tobey nach New York, wo er sich autodidaktisch als
Maler und Zeichner weiterbildete; seine recht erfolgreiche Portraitmalerei
ermöglicht ihm, zusammen mit den Modezeichnungen, ein halbwegs
gesichertes Einkommen, ohne seine Familie damit zu belasten. 1917
fand seine erste Einzelausstellung statt, und zwar in der Gallery
Knoedler in New York. 1930 verließ er Amerika und übersiedelte nach nach Europa, nach Devonshire in England, wo er einige Jahre lang an der berühmten "Dartington Hall School" als Kunst-Lehrer tätig war. In dieser Zeit unternahm er auch Reisen nach Mexiko und nach China (1934), wo er einige Monate lang bei der Familie seines Freundes Teng Kuei in Shanghai lebte. Im Anschluss daran reiste nach Japan, wo er einige Wochen lang in einem Zen-Kloster studierte und Zazen praktizierte. Nach fast einem Jahrzehnt kehrte er 1939 nach Amerika, nach Seattle, zurück. 1944 richtete die Willard Gallery in New York die erste Einzelausstellung mit Bildern von Mark Tobey aus, was seinen Durchbruch in Amerika bedeutete. Tobey war zu jenem Zeitpunkt bereits 54 Jahre alt, d.h. er begann seine eigentliche Künstler-Karriere in einem Alter, in dem andere bereits daran denken, sich zur Ruhe zu setzen, oder ihren Höhepunkt überschritten haben. Im Jahr 1951 fand nach vielen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen eine große Retrospektive seiner Werke in San Francisco und in New York (Whitney Museum of American Art) statt. Es folgten dann seit 1955 Ausstellungen in Chicago und der Sprung nach Europa. Tobey beteiligte sich in den späten 50er Jahren mehrfach an den Biennalen von Sao Paulo und Venedig; 1958 erhielt er den "Internationalen Preis für Malerei von Venedig" sowie den "Guggenheim International Award, New York". 1959 und 1964 nahm er an den Documentas II und III in Kassel teil, was ihn in Deutschland sehr bekannt machte. Mitte der 50er Jahre hielt sich Tobey immer öfter in Europa auf: Paris, Südfrankreich, Basel, Bern und London waren Orte für mehr oder weniger lange Aufenthalte in dieser Zeit. 1956 kehrte Tobey (unsicher, ob er in Europa oder Amerika leben will) nach Seattle zurück und konnte nun zum ersten Mal in seinem 66jährigen Leben von seiner Kunst leben, ohne Lehrverpflichtungen, ohne Förderung, "nur" vom Verkauf seiner Bilder. Er hatte enge Kontakte zu den japanischen Malern Horiuchi und Tsutakawa und dem Zen-Meister Takizaki, die damals in Amerika sehr populär gewesen waren. 1959 kehrte Tobey erneut nach Europa zurück, und 1960 ließ er sich in Basel nieder. Im selben Jahr wurde er zum Mitglied der ehrwürdigen American Academy of Arts and Sciences berufen, eine der höchsten Ehren, die die "offizielle" amerikanische Kunstwelt zu vergeben hatte: Tobey aber lehnte die Mitgliedsannahme ab, um gänzlich unabhängig zu sein. In den kommenden Jahren lebte er sommers in Seattle, wo er auch ein Atelier unterhielt, und die restliche Zeit des Jahres lebte er zurückgezogen, zusammen mit seinem Freund Pehr Hallsten, in Basel. Malen, Musik, seine Bahai-Religion und vor allem seine Freunde waren ihm wichtig, und ein Leben weitab des Kunstrummels schien ihm in Amerika nicht mehr möglich zu sein. In den folgenden Jahren hatte Mark Tobey zahllose Retrospektiven auf der ganzen Welt, unter anderem auch in Hannover und Düsseldorf, was seinen Ruf in Deutschland festigte. In jenen Jahren reiste er zwar nach wie vor viel, kehrte aber immer wieder nach Basel zurück, wo er am 24. April 1976 starb. Tobey gilt als Vater des Abstrakten Expressionismus, ich persönlich
halte ihn zusätzlich für ihren Vollender. pb |