MAI
|
2002
|
Rubriken |
Service |
Kontakt |
Gästebuch |
Wiederentdeckter
Kunstschatz: Die Sammlung Langer
|
||||
|
zur Sammlung: |
|||
Vor
vier Jahren wurde zufällig die Sammlung des schlesischen Malers
und Kunstsammlers Joseph Langer (1865-1918) entdeckt, die seit dem
zweiten Weltkrieg als verschollen galt. Nach Stationen in Polen und
Österreich werden die Exponate nun erstmals in Deutschland gezeigt.
CERYX sprach mit Dominik Petruk, der zusammen mit seinem Krakauer
Kollegen Adam Organisty Kurator der Ausstellung ist. CERYX: Herr Petruk, was hat es mit der Entdeckung der Sammlung auf sich? Dominik Petruk: Die zufällige Entdeckung der Sammlung Langer im Museum für historischen Hausrat in Ziebice (ehemals Münsterberg Schlesien / Polen) durch die damalige Direktorin Renata Kolega und den Krakauer Kunsthistoriker Adam Organisty führte zu einer kunstwissenschaftlichen Sensation. Bei den in der Sammlung erhaltenen Exponaten handelt es sich um Kunstwerke, die von grundlegender Bedeutung nicht nur für die polnische, sondern auch die für deutsche Kunstforschung sind. Darüber hinaus ermöglicht das neuentdeckte Material zum allerersten Mal das Atelier eines schlesischen Künstlers, der an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gelebt und gewirkt hat, fast vollständig zu rekonstruieren. Die Rekonstruktion des Ateliers von Joseph Langer ist einer der Leitgedanken der Ausstellung in Bielefeld. CERYX: In welchem Zustand befanden sich die Kunstwerke? Dominik Petruk: Die ungeschützte Lagerung dieser wertvollen Exponate im Heizungskeller des Museums, direkt neben einem Heizungsofen, die jeglicher Logik und jeglichen Sachverstandes entbehrte, führte zu weitgehender Beschädigung der meisten Exponate. Glücklicherweise ist die Sammlung "rechtzeitig" entdeckt worden, so dass fast die gesamte Sammlung vor weitergehenden, irreparablen Schäden bewahrt werden konnte. Bei den zwei Ausstellungen in Österreich, bei denen lediglich ein kleiner Teil der Sammlung gezeigt wurde, war es möglich Mittel aufzutreiben, die für die Restaurierung von einigen Skulpturen verwendet werden konnten. Von der polnischen Seite sollte die hervorragende Restaurierung der wertvollen griechischen Ikone, die sich in der Sammlung Langer befindet, durch Dominika Tarsinska erwähnt werden. Seit ihrer Neuentdeckung werden die Kunstwerke weitgehend fachgerecht gelagert und zum Teil im Museum in Ziebice ausgestellt. CERYX: Woraus besteht die Sammlung? Dominik Petruk: Die Kunstwerke der Sammlung Langer können in drei Hauptgruppen unterteilt werden. Einerseits gibt es eine enorme Anzahl von Zeichnungen, Skizzen und Gemälden, die Joseph Langer selbst gemalt hat. Die zweite Gruppe stellen die Dokumentationen von denkmalpflegerischen
Arbeiten. Joseph Langer gehörte zu den wichtigsten Denkmalpflegern
in Schlesien. Er arbeitete zeitweise mit Hans Lutsch zusammen. Sein
wichtigster Auftrag war die Restaurierung der Aula Leopoldina der
Breslauer Universität. Für diese Restaurierung erhielt Langer
von Kaiser Wilhelm I. die Professorenwürde. Die Besonderheit
und Einzigartigkeit der Sammlung Langer, unter dem denkmalpflegerischen
Aspekt betrachtet, besteht darin, dass sich in der Sammlung viele
alte Photographien und Entwurfskizzen zu verschiedensten, heute meist
zerstörten oder übermalten, Dekorationen für profane
und sakrale Gebäude und Innenräume befinden. CERYX: Wie würden Sie die Bedeutung des Fundes für die Kunstwelt einschätzen? Dominik Petruk: Die Vorstellung der Sammlung Langer auf der kunsthistorischen Tagung im Breslau im vorigen Jahr durch Adam Organisty wurde von Anwesenden mit den Worten "kunsthistorisches Erdbeben" kommentiert. Die neuentdeckte Sammlung ist von höchstem künstlerischen Wert. Die in der Sammlung erhaltenen Dokumentationen, Kunstwerke und Photographien sind fast vollständig unbekannt. Sie schließen eine große Lücke in der kunsthistorischen Forschung Schlesiens. Sie bieten vielen Forschern die Möglichkeit ihre Thesen auf der Grundlage von neuen Informationen zu überprüfen und zu verifizieren. Die Besonderheit dieser Sammlung besteht vornehmlich auch darin, dass sie nicht nur für die polnischen Forscher interessant ist, sondern auch für die deutschen Kunsthistoriker einen ganz hohen Stellenwert haben wird. CERYX: Wie kam es zu der Entscheidung, die Exponate nach Deutschland zu holen? Dominik Petruk: Die Entscheidung die Sammlung Langer in Deutschland
der Öffentlichkeit zu präsentieren hatte zwei wichtige Gründe.
Auf der einen Seite prädestiniert die Geschichte Schlesiens die
Sammlung für einen Ausstellungsort in Deutschland. Darüber
hinaus befindet sich in Bielefeld der Hauptsitz der Bundesheimatgruppe
Münsterberg / Schlesien, welche die Ausstellung unterstützt.
Neben der Bundesheimatgruppe wird die Ausstellung von der Stadt Bielefeld
und einem jungen Verein für internationalen kulturellen Austausch,
KLEPSYDRA e.V., aus Münster organisiert. CERYX: Was erwartet den Besucher in der Bielefelder Ausstellung? Dominik Petruk: Beim Besuch der Ausstellung hat der Betrachter
u.a. die Möglichkeit die, in Deutschland relativ unbekannte,
schlesische Kunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts
kennen zu lernen. Es erwarten ihn sowohl Gemälde wie auch Skulpturen
oder Zeichnungen. Neben den Werken, die unmittelbar mit Schlesien
in Verbindung stehen, befinden sich auf der Ausstellung auch Exponate,
die Joseph Langer für seine private Kunstsammlung erworben hat.
Es sind ausgelesene Werke aus verschiedensten Kunstepochen (vom Mittelalter
bis in die Neuzeit) und aus unterschiedlichen Ländern (u.a. eine
griechische Ikone aus dem 17. Jahrhundert oder eine barocke Zeichnung
von Giuseppe Passeri aus Italien u.v.m.). Neben vielen, bis zur Neuentdeckung
als verschollen geltenden Kunstwerken, die auf der Ausstellung zum
ersten Mal nach fast 60 Jahren der Öffentlichkeit präsentiert
werden, hat der Besucher die Möglichkeit, Joseph Langer als Künstler-,
Sammler- und Restauratorpersönlichkeit kennen zu lernen und auf
diese Weise auch Einblick in das Künstlermilieu Breslaus um 1900
zu bekommen. Die Ausstellungssituation entspricht keiner konventionellen
Exposition. Der gesamte Ausstellungsraum ist unter dem Gesichtspunkt
der Wiedergabe der Atmosphäre, die im Atelier von Joseph Langer
geherrscht hatte, konzipiert. Auf diese Weise kann der Besucher sich
nicht nur mit der Kunst vertraut machen, sondern darüber hinaus
die Welt von Joseph Langer emotional, mit allen Sinnen erfahren. CERYX: Richtet sich die Ausstellung primär an Kunstexperten, oder ist sie auch für ein breiteres Publikum von Interesse? Dominik Petruk: Die Ausstellung bietet sowohl für Kunsthistoriker wie auch für Kunstinteressierte ungeahnte Möglichkeiten. Auf der Ausstellung werden zum allerersten Mal Werke präsentiert, die in der Kunstwelt fast über 60 Jahre lang als verschollen gegolten haben. Somit bietet die Ausstellung die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit vorhandenen Thesen, wie auch zur Entwicklung von neuen Standpunkten. Darüber hinaus werden auf der Ausstellung originale Photographien und Entwurfskizzen zu Dekorationen von verschiedenen profanen und sakralen Gebäuden und Innenräumen präsentiert. Viele dieser Dekorationen sind im Laufe der Zeit zerstört oder übermalt worden. In den meisten Fällen war der ursprüngliche Zustand dieser Raumsituationen, bis zur Neuentdeckung der Sammlung Langer, unbekannt. Die Ausstellung bietet die Möglichkeit zum allerersten Mal die Fresken in ihrem ursprünglichen Zustand zu sehen. |
||||
|
||||
Die Ausstellung ist so konzipiert, dass sie sowohl
für Kunsthistoriker wie auch für Kunstinteressierte Anreiz
bietet. Jeder, unabhängig davon, ob er die Exposition unter wissenschaftlichen
oder populärwissenschaftlichen Gesichtspunkt betrachtet wird auf
dieser Ausstellung genug Aspekte vorfinden, die sein Interesse anregen
werden und vielleicht zur weitergehenden Beschäftigung mit dem
Thema bewegen. CERYX: Vielen Dank! Die Fragen stellte aw. |