NOVEMBER
2008

 
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KUNST

IM BILDERRAUSCH
Die Moldauklöster in Rumänien

Der Weg gleicht einer Zeitreise. Auf den Feldern wird von Hand gesenst, das Heu auf Pferdekarren transportiert. Am Ende dieser Zeitreise befindet man sich im 15. Jahrhundert, das einem von den Außenmauern der Moldauklöster im nordöstlichen Zipfel Rumäniens in allen Farben entgegenstrahlt.


Nicht zuletzt diese gut erhaltenen Außenbemalungen sind es, die einigen der Moldauklöster bzw. -kirchen (in Arbore, Mănăstirea Homurului, Moldoviţa, Pătrăuţi, Probota, Suceava, Voroneţ) zum Status des Weltkulturerbes verholfen haben. Somit sind diese Bauten von der UNESCO als schutzwürdige Kulturdenkmäler anerkannt. Zwei der Klöster mit den schönsten Außenmalereien sind die Klöster Moldoviţa und Suceviţa.

Gegründet wurden die Kirchen und Klöster von Stefan dem Großen (Ştefan cel Mare) und anderen Moldaufürsten. Sie bauten zum Dank für jede gewonnene Schlacht – und derer gab es damals viele, z. B. gegen die Ungarn, Polen und Osmanen – eine Kirche oder ein Kloster. Angeblich ging Stefan der Große bei der Gründung des Klosters Putna nach einer glücklichen Rückkunft so vor, dass er von einem Hügel aus einen ersten Pfeil abschoss, der den heiligen Brunnen markierte. Der zweite Pfeil zeigte den künftigen Ort des Altars an und der dritte den des Glockenturms. Allen Klöstern ist gemeinsam, dass sie nach Osten ausgerichtet sind, da in der orthodoxen Kirche in der aufgehenden Sonne das Licht Gottes gesehen wird.

Eventuell ist auch der Aufbau der Gebäude, die gotische und byzantinische Elemente vereinen, eine der Ursachen für die außergewöhnlichen Außenmalereien an diesen Klosterkirchen. Sie gliedern sich nämlich in einen offenen portalartigen Vorbau, einen Vorraum, einen Grabraum und den Altarraum, allesamt ebenfalls mit reichen Malereien geschmückt. Der Altar wurde durch eine Ikonostase, eine Bilderwand, vor den Blicken der Öffentlichkeit geschützt. Durch diese Aufgliederung ging natürlich Platz verloren, der nötig gewesen wäre, um alle Gläubigen im Innern der Kirche unterzubringen. So konnte das einfache Volk die Gottesdienste nur von außen mitverfolgen. Und zu dessen Erbauung und religiöser Bildung wurden die Außenmauern der Kirchen mit einer Unzahl von Bildern überzogen.

Auch diese Außenmalereien erinnern an byzantinische Kunst (Darstellung religiöser Szenen auf Goldgrund, lang gestreckte Figuren), bringen aber moldauische Elemente mit ein, indem sie die byzantinischen Thematiken lokal interpretieren. Diese Malereien sollten eine Synthese der christlichen Wahrheiten darbieten und zeigen Szenen aus der Bibel, aus dem Leben von Heiligen, drastische Märtyrerszenen, den Stammbaum Jesse, aber auch Kriegsszenen oder antike Philosophen. Beeindruckend ist außerdem, wie gut sich die Farben – immerhin an den der Witterung ausgesetzten Außenmauern – über die Jahrhunderte erhalten haben.

So strahlt einem z. B. im Kloster Suceviţa an der Nordfassade die berühmte Himmelsleiter entgegen: Den Tugendhaften wird von den Engeln nach oben in den Himmel geholfen, die Sünder stürzen in den Abgrund, wo sie von kleinen Teufeln erwartet werden. Im Kloster Moldoviţa kann man auf der Südfassade ein Panorama mit der Belagerung Konstantinopels betrachten. Es symbolisiert die Hoffnung, dass die Mutter Gottes für die Moldauer im Kampf gegen die Türken eintritt, wie sie bereits den Byzantinern half, die Perser zu besiegen. Dies sind nur zwei Beispiele aus einer Flut von minutiös ausgearbeiteten und detailreichen Darstellungen.

 

Nach der Habsburger Besetzung und dem Kommunismus werden die Klöster heute wieder bewirtschaftet und von orthodoxen Nonnen und Mönchen bewohnt. Unbeeindruckt von den Besuchern schälen sie im Schatten die Kartoffeln für das Mittagessen oder kümmern sich um die Rosen im Klostergarten. Inmitten der grünen Hügel und umgeben von kleinen Dörfchen scheint hier die Zeit innezuhalten.

bk

Abbildungen: Kloster Suceviţa (zur Vergrößerung aufs Bild klicken)


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