JULI
2003

 
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KUNST


Die Tunis-Reise von Macke, Klee und Moilliet

August Macke, "Händler mit Krügen", um 1910/14

 

 

Am 7. April 1914 trafen die drei Maler Paul Klee, August Macke und Louis Moilliet in Tunis ein. Die Ergebnisse dieser Reise gelten als ein Höhepunkt in der europäischen Aquarell-Malerei. Mackes Tunis-Aquarelle sind in ihrer Klarheit und Leuchtkraft bis dahin unübertroffen.

Voraussetzung für die Reise war die Begeisterung der drei für die Farbtheorien Robert Delaunays. Dieser hatte sich rigoros gegen Gegenständlichkeit in der Malerei ausgesprochen. Deren Form und Sujet sei alleinig die Farbe, und solange sie nicht vom Gegenstand loskomme, bleibe sie lediglich Beschreibung, erniedrige sich in der Verwendung mangelhafter Ausdrucksmittel und verdamme sich zur Sklaverei der Imitation. Klee hatte Dalaunay 1912 in Paris kennen und schätzen gelernt und dessen Theorien für die Avantgardezeitschrift "Der Sturm" übersetzt. Seit dem gleichen Jahr war auch Macke mit Dalaunay befreundet und zog in diese Begeisterung ebenfalls seinen Freund Moilliet hinein. Im Dezember 1913 hatten sich die drei am Thuner See geschworen, gemeinsam die Osterreise ins Land des Lichts und der Farbe zu unternehmen.

Der Schweizer Moilliet kannte in St Germain (damals ein Vorort von Tunis) einen Landsmann, den jungen Arzt Dr. Jaeggi, bei dem er und Klee wohnen wollten. Macke verkaufte bereits gut und wollte im Hotel absteigen. Dort angekommen, notierte Klee in seinem Tagebuch: "Die Sonne von einer finsteren Kraft. Die farbige Klarheit am Lande verheißungsvoll. Macke spürt das auch. Wir wissen beide, daß wir hier gut arbeiten werden." Und das taten sie. Die Atmosphäre im Hause Jaeggi war so herzlich, daß auch Macke von ihr angetan war. Zusammen mit Klee malte er ein Zimmer aus, und mit dem Diener Achmed dekorierten sie Ostereier.

Die drei Maler verstanden sich gut, und es kam zu übermütigen Abenteuern während ihren Exkursionen, die sie nach Sidi Bou Saïd, Karthago, Hammamet und ins Landesinnere nach Kairouan führten. Die Motive der entstandenen Arbeiten entsprechen diesen Stationen. Macke geriet in einen regelrechten Schaffensrausch. Neben siebenunddreißig Aquarellen schuf er Dutzende von Zeichnungen - einmal fünfzig an einem Tage.

Die drei fanden hier ideale Voraussetzungen für ihre grundsätzlich identischen Vorstellungen von einer Malerei aus den Elementen der freien oder reinen Farbe und dem Rhythmus kontrastierender Farbflächen - ein System aus kleinen Vierecken, in dem sich das Licht wie in einem Prisma bricht. Anders als es Van Gogh erging, als er nach Arles kam und die dortige Sonne als gleißend empfand, die jede Farbnuance, jeden Kontrast verwische, waren hier die Freunde von den auf sie glühend wirkenden Farben fast berauscht. Besonders die ersten Blätter Mackes entstanden unter dem Eindruck des Neuen, Exotischen, der schlichten Baukörper, der Menschen in den Souks und Basaren.

Für Klee war die Tunisreise das für sein weiteres Leben einschneidende Erlebnis. Er hatte lange zwischen Musik und Malerei geschwankt. In der Landschaft vor Kairouan überfiel ihn die Erkenntnis seiner künstlerischen Bestimmung: "Ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler."

Klee sollte zwei Tage vor Macke und Moilliet abreisen. Macke wurde noch im selben August für den I. Weltkrieg eingezogen und fiel nur siebenundzwanzigjährig gut ein halbes Jahr nach der Tunisreise.