JUNI
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2002
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Zwischen
Kunst und Natur: Andy Goldsworthy
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siehe auch: hoehnepresse.de/pages/films/public/rivers-tides.html |
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Normalerweise
findet man Kunst im Museum, in einer Galerie oder auf Ausstellungen.
Normalerweise arbeitet der Künstler in seinem Atelier oder in seiner
Werkstatt. Nicht so bei Andy Goldsworthy. Sein Atelier ist die freie
Natur, die Landschaft und dies bei jedem Wetter, sei es Sonnenschein,
Minusgrade oder Regen. Zugleich ist die Natur auch Gegenstand seiner
Kunst und seine Kunst Spielball der Natur.
Der 1956 in Ceshire, England, geborene Künstler studierte am Bradford College Of Art und am Preston Polytechnic. Bereits während seines Studiums in den ausgehenden siebziger Jahren begann er, in der Natur und mit Naturmaterialien zu arbeiten. Neben Projekten in aller Welt, z.B. in den USA, in Frankreich, am Nordpol, in Japan und Australien, ist für ihn vor allem die schottische Gegend um seinen Wohnort Dunfriesshire, wo er seit 1985 mit seiner Familie lebt, Inspirationsquelle und Wirkungsstätte in einem. Dabei zieht er zumeist ohne konkrete Vorstellungen über sein nächstes Werk los, läßt sich stattdessen auf seiner Entdeckungs- und Erkundungstour von der Natur den Weg weisen. So entstehen vergängliche Gebilde, die manchmal nur wenige Tage oder gar Stunden überleben. Die Spiralen aus Eiszapfen werden den ersten morgendlichen Sonnenstrahlen nur kurze Zeit standhalten, der Steinkegel aus Schieferplatten wird vielleicht ein, zwei höchstens drei mal die Flut überdauern, das Muster aus roten Blättern wird bald vom Wind wieder auseinandergetragen. Goldsworthy arbeitet mit den verschiedensten Materialien, die in der Natur zu finden sind, wie Sand, Lehm, Stein, Moos, Farn, Blätter, Holz, Blüten. Ebenso schlicht und einfach sind die geschaffenen Formen, die auch häufig natürliche Objekte, wie Bäume oder Felsen miteinbeziehen oder umgeben. Dabei will er seinen Gegenstand, die Natur, verstehen und sagt: "I want to get under the surface. When I work with a leaf, rock, stick, it is not just that material in itself, it is an opening into the processes of life within and around it. When I leave it, these processes continue." ("Ich möchte unter die Oberfläche gelangen. Wenn ich mit Blättern, Fels oder Ästen arbeite, dreht es sich nicht nur um das Material an sich, sondern vielmehr um einen Zugang zu den darin enthaltenen oder damit verbundenen Lebensprozessen. Wenn ich das bearbeitete Material zurücklasse, gehen diese Prozesse weiter.") Da aber dieser Prozess seine Kunstwerke immer wieder zerstört, hat er die Fotografie als ein Mittel entdeckt, über seine Skulpturen zu berichten. So ist es ihm möglich auszustellen und er hat mehrere Bildbände veröffentlicht. Goldsworthy kann mit seinen Werken zu der Kunstrichtung der Land art gezählt werden. Diese Bewegung entstand in den USA der späten sechziger Jahre. Allen Künstlern, die diese Richtung vertreten, ist gemeinsam, dass sie Natur nicht nur abbilden, sondern sie selbst als Medium verwenden. So gehören u.a. auch Christo mit seinen Verhüllungen oder Richard Long, der seine Wanderungen durch die Natur in Fotografien, Karten und Schriften dokumentiert und z.B. seine Fußspuren als Skulpturen auffaßt, zu dieser Gruppe. Seit Anfang März läuft in den deutschen Kinos nun auch der Dokumentarfilm über Andy Goldsworthy. Der Titel "Rivers and Tides - Working with time" deutet auf die große Bedeutung, die das Wasser für Goldsworthy hat, hin. Immer wieder haben seine Kreationen die Form eines sich windenden Flusses, immer wieder läßt Goldsworthy seine Skulpturen durch die Flusströmung oder die Gezeiten davontragen und dokumentiert auch so auch den Lauf der Zeit und deren formende Kraft. Diese dynamische Dimension seiner Werke, die oft eigens zur Zerstörung durch die Natur geschaffen sind, kommt natürlich in einem Film besser zur Geltung als auf statischen Fotografien. Dabei war wohl die besonders gute Zusammenarbeit zwischen dem Filmteam, das Goldsworthy über ein Jahr lang von 1998 bis 1999 begleitet hat, sehr wichtig. Der Regisseur und Kameramann Thomas Riedelsheimer wurde außerdem mit dem deutschen Kamerapreis 2001 ausgezeichnet, denn er "observiert [...] den Künstler und seine Arbeit mit zurückhaltender Farbigkeit. Er versucht, so wenig wie möglich hinzuzutun" (aus der Begründung der Jury). bk |