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KUNST

 

Ellen Auerbach: Berlin - Tel Aviv - London - New York
Ellen Auerbach
"Berlin - Tel Aviv - London - New York"
Prestel, 1998




Ellen Rosenberg wurde 1906 in Karlsruhe geboren, wo sie im Alter von 18 Jahren ein Studium der Bildhauerei begann. Sie setzte ihr Studium in Stuttgart fort, wandte sich aber der Fotografie zu, als ihr ein Onkel eine 9 x 12-Kamera schenkte.

1929 zog sie nach Berlin, um eine fotografische Ausbildung bei Walter Peterhans, dem ersten Fotografielehrer des Dessauer Bauhauses, zu absolvieren. Durch Peterhans lernte sie Grete Stern kennen, die bald ihre beste Freundin und Geschäftspartnerin wurde. Die beiden Frauen eröffneten das Fotostudio "ringel + pit" - benannt nach den Kinderspitznamen der Fotografinnen. "ringel + pit" spezialisierte sich auf Werbe- und Porträtfotografie. Ihre kühlen Arrangements waren stark von der Bauhaus-Ästhetik beeinflußt. Ihre ungewöhnlichen Fotos für die Komol-Reklame gewannen sogar einen internationalen Preis.

Als Hitler 1933 die Macht übernahm, erkannten die beiden Künstlerinnen die Zeichen der Zeit. Grete Stern emigrierte nach London. Ellen Rosenberg wanderte mit ihrem späteren Ehemann Walter Auerbach nach Palästina aus. Sie lebten in Tel Aviv und eröffneten zusammen mit Lieselotte Grschebina das Atelier "Ishon" (hebräisch: Augapfel) für Kinderfotografie. In Ellen Rosenberg Bildern wurde die Bauhaus-Strenge zugunsten von Lebendigkeit und Spontaneität verdrängt.

Doch auch in Palästina brachen unruhige Zeiten an. Bei Ausbruch des Abessinischen Krieges, 1935, verließen Ellen Rosenberg und Walter Auerbach das Land. Sie reisten zu Grete Stern nach London. Die beiden Frauen nahmen ihre Partnerschaft wieder auf. Ellen Rosenberg fotografierte die düstereren Ecken Londons. Es entstanden Aufnahmen aus dem Londoner Arbeitermilieu - und Porträts des Emigranten Bert Brecht. Ellen Rosenberg erhielt jedoch keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Großbritannien. Sie heiratete Walter Auerbach und siedelte mit ihm in die USA über. Grete Stern wanderte nach Argentinien aus.

Die Auerbachs lebten zunächst in der Nähe von Philadelphia, Pennsylvania, zogen dann nach New York um. Die New-York-Fotos gehören zu Ellen Auerbachs schönsten Arbeiten. Ihr gelang es, die New Yorker Mischung von Glamour und Gigantismus mit Einsamkeit und Elend einzufangen. Eines von Ellen Auerbachs besten Fotos zeigt eine gerahmte Zeichnung der Freiheitsstatue, die mit anderem Trödel an einem Straßenstand verkauft wird. Das Bild sagt mehr über Exil und Hoffnung, über große Erwartungen und ebenso große Enttäuschungen aus als mancher Roman.

Ellen Auerbachs Lebenslauf mit seinen Stationen Berlin, Tel Aviv, London, New York ist der exemplarische Fall einer deutsch-jüdischen Künstlerbiographie. Sie wurde zur Chronistin ihrer Generation - und schuf dabei einmalige Kunstwerke.

vh