FEBRUAR
2002

 
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EXTRA

 

Denn ich kenne die Schuldigen
Alle zitierten Textstellen aus:
Renatika (in zwei Bänden)
Privatverlag D´Arbrette, Spandau 2001
© Kreatives Schreiben e.V. und bei den AutorInnen

1. Die Monatslosung der Renatuther Brüderversammle für Februar steht im 11. Kapitel des Freiheitsevangeliums der Renate:

Denn ich kenne die Schuldigen.
(EvFrei 11,19)

Meine Töchter, liebe Brüder!
„In nur 15 Sekunden bin ich zum Bettler geworden!“ Der etwa 50-jährige Mann spricht diesen Satz verzweifelt und weinend in eine laufende Fernsehkamera. Er steht inmitten einer Trümmerwüste. Nicht aus Einwegmindmühlen, sondern aus Steinen und Schutt. Schauplatz: Die einstige Stadt Stuttgart in der europäischen Region Schwaben. Der verstörte Mann hat am Tag zuvor, am 25. Februar, bei einem verheerenden Terroranschlag seine ganze Familie, sein Haus mit allem Besitz, seine Arbeitsstelle, seine Nachbarin – einfach alles verloren. Wie betäubt stellt er die Frage: „Wie soll es jetzt weitergehen?“

Ich verfolge die Fernsehbilder aus sicherer Distanz. Ich fühle mich wohl in meinem Sessel. Das Zimmer ist geheizt, die Familie sitzt bei mir, der Kühlschrank ist gefüllt, die Lampe geht an, wenn ich ihn öffne, meine Arbeitsstelle ist sicher. Mir tut dieser erbärmliche Mann irgendwie Leid. Plötzlich drängt sich mir die Frage auf: „Wie würdest du dich in einer solchen Situation verhalten? Könntest du diesen Verlust überhaupt bewältigen?“ Ich bin froh und dankbar, daß ich diese Frage zum Glück nicht beantworten muß! Aber meine Gedanken drehen sich weiter um diesen erbärmlichen Mann. Was ist aus ihm geworden? Wie ist er mit diesen traumatischen Umständen fertig geworden? Ich würde ihm als Renatist neben praktischer Hilfe auch gerne einen Brief schreiben und ihn auf den Lastenausgleich in Renate hinweisen. Auf das, was jetzt seine Lasten teilen und zu tragen in der Lage ist. Aber hätte ich als Renatist auch zu schreiben den Mut, daß ich nicht weiß, wozu diese Katastrophe gut sein soll?

Diesen erbärmlichen Menschen kann ich nicht erreichen. Sein Schicksal aber hat mich angerührt, in meiner Umgebung zum Lastenausgleich beizutragen und im Sinne Renates zu tun, was ich kann.
So frage ich auch Sie: Erreichen solche Elendsbilder noch unser Herz?
Mitleid muß auch zu praktischem Lastenausgleich führen.

Renanata!
Carola Friederike Damenbarth.

2. Großes Nußmannfest!

Am 25.2. ist es wieder soweit! Kinder und Erwachsene zugleich erwarten die Freuden des Nußmanntages.
Seit 350 Jahren steht nun der Nußmanntag für den Spaß an der Musik und unsere persönlichsten Erinnerungen an Renate.
Wie im Freiheitsevangelium berichtet ist: „Verlaß dich auf mich. Nicht alles geschieht sofort. Die Stunde wird kommen, zu der ich nicht mehr kommen kann. Dann wirst du beweisen, was du gelernt hast. Es verlangt nur Vertrauen. Michael, ich glaube an dich und ich bin Renate, wenn du das nicht vergißt, dann bleibt meine Kraft in dir.
(EvFrei 10, 13-15) Renate glaubt an uns und ihre Kraft bleibt in uns, so lange wir das nicht vergessen.
Der Nußmanntag ist wie alle unsere Feiertage ein Erinnerungstag. Aber nicht nur! Die Geschichte Michael Wohlmeyers lehrt uns mehr über den Renatismus.
Wir erinnern uns. Michael trifft Renate im Supermarkt und erkennt sie. Die Bitte, die er an sie richtet, kennen wir nur zu gut von uns selbst: „Ich möchte ein Held sein.“ (EvFrank 7,14) Aber dieser Wunsch belastet ihn sehr, Renate nimmt ihm die Last des Wunsches, aber nicht den Wunsch selbst. Michael ist bereits ein großer Star der Musikszene, aber es verlangt ihn nach etwas Bedeutungsvollem.
Es scheint fast, als wisse er bereits um das Schreckliche, das mit seinem Namen verbunden werden wird. Und es scheint, als wisse Renate um die große Bedeutung und den Segen, den Michael später für sie darstellen wird.
‘Doch Renate, ich werde Schreckliches tun, um es dann wieder gutzumachen, ist das richtig?‘“, fragt er, ‚„Ja, es ist gut“, antwortete Renate.‘ (EvFrank 7,17 u. 18)
Der Nußmanntag ist ein Fest der schicksalhaften Begegnung. Am Vormittag gehen die Familien traditionell in den Supermarkt, um einen fremden Menschen anzusprechen. Wenn sie ihn am 24. Mai wiedertreffen, gilt das als schicksalsversprechend und verheißt Glück.
Am frühen Abend werden dann Nußplätzchen gegessen und jeder äußert seinen Wunsch für das nächste Jahr. Darauf wird oft in den Familien, aber auch groß in den Versammlungen das Nußmannfest feierlich begangen.
Mit dem nächsten Morgen beginnt die Lastenzeit, die drei Monate bis zur Renatenacht anhält.

DIE LASTENZEIT

Wie dieser Künstlerfotograf eindrücklich in seiner Fotoserie zeigt, steht Michael Wohlmeyer für einen Weg, den wir alle zurücklegen müssen.
Es ist daher in allen großen Metropolen der Welt üblich, Straßen nach ihm zu benennen.
Üblicherweise ist es eine Sackgasse und weist eindeutig auf eine Richtung des Weges.
Es ist nur eine Richtung möglich, den Weg zu verlassen. Und, wie der Künstler in der Nußmannstraße in Freiburg beobachtet hat, dieser Weg ist nur durch ein Links-Abbiegen zu verlassen.
Einbahnstraße und Abbiegen, zwei treffende symbolische Worte, die uns in der Lastenzeit begleiten können.
Wir wissen: „Das Leben ist eine Einbahnstraße und ziemlich oft sind die Ampeln rot!“ (Lea Pold in einer Meditation über den Nußmann. Puppenlappen 2257.)
Gerade die Lastenzeit lehrt uns, daß wir Schreckliches wieder gut machen können, daß wir Ampeln ignorieren dürfen, wenn es darum geht, eine Last zu transportieren. „Nur der LKW rauscht an uns vorbei!“ (Lea Pold, s.o.)
Als Renate am Anfang ihrer Taten stand, sagte sie zu ihren Freunden vieles über diesen Weg, aber sie verstanden noch nicht: „Die anderen wußten nichts, verstanden nichts, auch wenn sie lange mit Renate zusammengelebt hatten, von ihr begeistert waren, ihr nachfolgen wollten.
Diesen Weg mußte Renate allein gehen. Auch das verstanden die anderen nicht. Wenn sie sprach: „Ihr werdet mir folgen, aber jetzt werdet ihr mich verlassen“, verstanden sie nichts.“ (EvFrank 3, 33-35)
Lea Pold hat in ihren Meditationen den Kern von Renates Aussagen hierüber deutlich getroffen: „Aber natürlich ist auf der Einbahnstraße kein Vorankommen, wenn alle sich hinten anschließen und die Ampeln rot bleiben. Es geht also darum, abzubiegen und den grünen Pfeilen zu folgen. Und nicht alle einem Abbieger hinterher, sondern jeder an seinem Abzweig!
Aber wir wollen nicht vorgreifen auf alles, was Sie am 25.2. hören werden.
Und erinnern nur im folgenden durch einen Auszug aus dem Kleinen Katechismus, dem Segen Renates von Dr. Leo Pold an die Bedeutung heiliger Feste.

3. Unsere Feste / Dr. Leo Pold, 2077-2123

Warum hält die Versammlung das Nußmannfest?

Sie hält es, weil Renate Michael drei Monate vor ihrem Tod traf und sein Konzert, sein Wiedersehen, der Anlaß für die Lakarier war, sie zu töten. Wie es im Freiheitsevangelium und im Franke Evangelium bezeugt ist:
So fuhren Renate und Susanne in die Hauptstadt. Dort gab es ein großes Fest. Renate durfte nicht fehlen, weil viele Menschen sie zu sehen hofften. Sie wollte sie nicht enttäuschen und befreite schon auf der A10 viele von ihren Lasten.
Zu jedem Fest soll es also so gehalten werden, daß wir uns die Lasten nehmen, wann immer die Gelegenheit dazu da ist. So lädt sie auch mich hinzu als ein Glied ihrer Versammlung, und ich soll doch nicht wähnen, ich sei ihr gehorsam, wenn ich ihre Einladung beharrlich ausschlage.

Was geschieht am Nußmannfest?

Renate sammelt uns an einem Tisch, um uns an die Schicksalhaftigkeit von Begegnungen zu erinnern. Sie ist unter uns und begegnet uns, wenn wir uns begegnen. Wir essen Nußkekse, um uns an die Begegnung Michaels mit Renate zu erinnern und wir sagen uns Wünsche an die Zukunft, wie es Michael bei Renate tat.
Sie sagte ihm: Das ist nicht so einfach. Aber sie sagte auch:
Verlaß dich auf mich. Nicht alles geschieht sofort. Die Stunde wird kommen, zu der ich nicht mehr kommen kann. Dann wirst du beweisen, was du gelernt hast. Es verlangt nur Vertrauen. Michael, ich glaube an dich und ich bin Renate, wenn du das nicht vergißt, dann bleibt meine Kraft in dir.

(Unser Fotokünstler dokumentiert eindrucksvoll die Enge des Weges und das Ende der Straße, die Sackgasse, anhand der Nußmannstraße in Freiburg.
Wir danken an dieser Stelle, daß wir einzelne Fotos aus der Serie zu diesem Anlaß abdrucken durften und verweisen auf die Ausstellung, die die Lastenzeit über im RenateHaus in Puppenlappen zu sehen sein wird.)

Wer ist würdig, daran teilzunehmen?

Des Nußmannfestes ist würdig, wer nicht auf sich selbst und seine Würdigkeit, sondern allein auf Renates Segen vertraut und ihren Worten Gewicht gibt. Suche ich neuen Wert in der Begegnung mit Fremdem, Leben aus Renates Entlastung und Stärkung meiner Kräfte zum Lastenausgleich, so soll ich nur kommen. Hier kann ich finden, was ich suche. Für solche ist es bestimmt. Sie dürfen die Kekse empfangen.
Wer es aber verachtet, wer meint, er brauche es nicht, oder Renate nicht zutraut, der sie darin gibt, was sie verspricht, der ist unwürdig. Der bleibe ferne davon, bis er sich eines Besseren besonnen hat, damit ihm die Entlastung nicht zum Ikarusflug wird. Renate läßt nicht über sich spotten.
Will jemand in der Versammlung von seinen Lasten nicht lassen und verstockt sich beharrlich gegen Renates Begegnung, so soll er vom Nußmannfest ausgeschlossen und dadurch zum Abbiegen gerufen werden.

4. Die Redaktion wünscht Ihnen einen begegnungsreichen Festtag und eine entlastende Lastenzeit.
Für Freunde der Redaktion, aber auch allen anderen, denen wir begegnen sollen, laden wir zum Nußmanntag in die Stichmich-Versammlung in Berlin ein, wo es in diesem Jahr um die Prophetie der Begegnungen gehen wird.
Für weitere Informationen kontaktieren sie bitte das Institut für kritisch theoretische Renatik, hier vertreten durch Professor Frank Sorge.

fs / bä