1. Monatsspruch der Renatuther Brüderversammlung
für Oktober: Sie sagte uns:
"Je schwerer die Prüfung, Je leichter die Verwirrung!"
Frankes Evangelium der Renate (EvFrank),Kapitel 1, Vers 12.
Renanata, meine Töchter, liebe Brüder!
Die Losung für diesen Monat steht also im Prolog des EvFrank.
Es handelt sich um Worte, die Renate sprach, die damals wie heute
also ihre Gültigkeit für uns besitzen und auch behalten
dürfen.
Das ist gewiß, darauf können wir vertrauen, gerade in
schweren Zeiten.
Wenn wir geprüft werden, wenn wir von Leid hören, wenn
das Leben überschattet wird und für Tage seinen gewohnten
Gang einstellt, dann wissen wir, daß auch schon Renate darüber
etwas zu sagen wußte. "Je schwerer die Prüfung, je
leichter die Verwirrung."
Renate sprach mit den einfachen Menschen in ihrer einfachen Sprache.
Da ist nicht immer alles grammatikalisch korrekt. Darauf kommt es
aber gar nicht an, denn Renate vermittelt uns eine tiefergehende Wahrheit,
die über äußerliche Formen erhaben ist. "Je schwerer
die Prüfung, je leichter die Verwirrung" - wie wahr das
ist, denn gerade in Tagen, in denen wir schwer geprüft sind,
will alle Verwirrung uns noch leichter überrennen als sonst.
Wir wissen weder aus noch ein. Wir haben Angst, sind mit Sorgen beladen.
Da ist nichts mehr klar. Da ist so viel Schreckliches möglich.
Unser Vers der Monatslosung gibt das alles zu wissen. Wir wissen
aber auch aus dem Zusammenhang der Renatika, daß es nicht dabei
bleiben muß und wird.
Die Zeiten sind schrecklich, die Verwirrung groß, und manchmal
scheint uns die Botschaft Renates vom großen Lastentausch so
unvorstellbar weit weg. Wenn wir miterleben, wie gewisse Menschen
weiterhin anderen Lasten auferlegen, schwere Lasten, statt sie ihnen
zu nehmen, dann fragen wir, ja, schreien wir nach Lastenausgleich!
Aber wir haben ja bereits begonnen, untereinander Lasten abzunehmen.
Wir denken aneinander, fühlen weltweit mit. Diese Ansätze
kann keine noch so große Last zunichte machen. Und wir haben
die Zusage Renates: Eines Tages wird die Kugel rundlaufen! Eines Tages
wird der große Lastenausgleich vor uns stehen! Aus dieser Hoffnung
heraus können wir, meine Töchter, liebe Brüder, weiterleben.
Renanata!
Dr. Christiane Schwäblemeyer, Tübingen.
2. Pasewalker Bekenntnis
Renate wäre die Größte, habe ich mal
gelesen,
aber da war keine Gestalt von Größe und Macht.
Sie bewältigte ungeheure Lasten mit ihrem
geheimnisvollen Gefährt. Sie redete viel
mit den einfach Menschen.
Den Logistikern, die sie prüfen wollten, gab sie Rat.
In Zeldenick kämpfte sie für die Liebe
und lebte nie wie die Oder.
Michael, der ein Held sein wollte, gab sie ihr Vertrauen.
Auch wenn die Lakarier sie uns nahmen,
und der Stillstand einkehrte,
all jenen, die ihre Worte befolgten,
gab sie Macht und Glanz,
in beladene Leben zu wirken.
(Das Pasewalker Bekenntnis ist eines der frühesten bestätigten
Ausschreibungen aus den Renate Schriften. Offenbar in der Pasewalker
Versammlung entstanden, wirkt es heute etwas verkopft.
Nach der Zerstörung der Pasewalker Versammlung blieb es lange
unentdeckt und konnte sich auch nach seiner Wiederentdeckung 2077
nicht in vielen Versammlungen durchsetzen. Meist wird es am 25. Februar,
dem allgemeinen Michaelstag, gesprochen. - In der Forschung ist das
Pasewalker Bekenntnis besonders wegen seiner engen Verweise auf die
Quelle Q interessant.)
3. Im folgenden noch eine Erklärung
Dr. Leo Polds zum Bekennen im allgemeinen aus der Einleitung zum Bekenntnisabschnitt
im Segen Renates:
Bekenne dich! Fordert man mich auf in diesen Zeiten und die
Frage bleibt dabei bestehen: Warum zu Renate bekennen, wenn mein Leben
ein einziger Lastenaustausch ist? Ist nicht das Handeln dem Wort vorzuziehen?
Sicher! Auch Renate tat zuerst und sprach dann, wenn sie gefragt wurde.
Zu den Logistikern, den Sägewerksarbeitern. Aber es ist nicht
nur dieses gemeint, wenn sie mich auffordern. Denn es gibt einen Streit
unter uns, und dazu braucht es Positionen.
Und ist nicht aber eine Position immer ein Stillstand?
Und zuviel Last auf einer Stelle?
Auch braucht der Austausch Dinge, die getauscht werden. Ist es nicht
aber gefährlich uns selbst zu den Lasten zu zählen? Vergessen
wir nicht die Lasten der Welt, wenn wir zu sehr auf uns allein blicken?
Nicht eine Antwort will ich geben, sondern eine kleine Sammlung bestehender
Bekenntnisse. Es sind in ihnen die Positionen vielschichtig gewichtet.
Es bleibt, ihnen immer ein paar Worte hinzuzufügen, um sie dem
Kopf einsichtiger werden zu lassen.
Doch darüber hinaus will ich nur sammeln und gleichwertig verteilen,
was an Positionen in unseren Landen vertreten ist.
(Für die Zusammenstellung zählen sich verantwortlich:
Prof. Frank Sorge, Professor für kritisch theoretische Renatik,
und Dr. Christiane Schwäblemeyer aus der Forschungsstelle der
Renatuther Brüderversammlung in Tübingen)
4. Neben den vielen positiven Rückmeldungen,
mit den Monatsspruchauslegungen der Renatika auch dem Spirituellen
und Besinnlichen Raum zu geben, meldeten sich auch kritische Stimmen.
So wird hierzu folgendes Interview mit Dr. Jonas-Erpelfuß wiedergegeben:
Ceryx
Herr Dr. Justas Jonas-Erpelfuß, Sie sind wissenschaftlicher
Assistent bei Prof. Peter Kosmos, hier in Berlin an der Renatistischen
Fakultät. Seit kurzem findet sich in diesem Internet-Magazin
eine Auslegung zum jeweiligen Monatsspruch. Wie wird dies von Ihnen
beurteilt?
Jonas-Erpelfuß
Tja, es ist ja eine lange Tradition der Renatuther Brüderversammle,
die Losungen, also die jeweiligen Jahres-, Monats- und Tagesverse
aus den Renatika, herauszugeben. Die Renatuther haben sich bekanntlich
2179 unter Initiative der Baronin von Zitzewitz gegründet. Dabei
ging es ihnen bekanntlich von Anfang an nicht darum, eine neue Bekenntnisgruppe
oder gar renatistische Sekte zu bilden. Ihr Ziel war alleinig, inmitten
schwerster innerrenatistischer Streitigkeiten den Blick wieder auf
das Wesentliche zu lenken. Sicherlich ist die Baronin als Anhängerin
des Piënatismus einzustufen; aber wie das Wort schon besagt,
geht es hier ja gerade um aufrichtige Treue zu Renate. Die Renatuther
Brüderversammlen, wie sie sich bald an einigen Orten zusammenfanden,
waren geprägt von einer tiefen inneren Verbundenheit zu Renate,
die nach ihrer Auffassung wichtiger sei als alle Auseinandersetzung
um Lehrmeinungen.
Ceryx
Ja, und wie - also, was meinen Sie nun persönlich über die
Monatsspruchauslegungen?
Jonas-Erpelfuß
Ach, wissen Sie, wenn die Renatuther meinen, es sei gut, aus einem
Pool von Renatikaversen welche auszulosen und bestimmten Tagen, Monaten
und Jahren zuzuordnen, dann sollen sie das tun. Die Tatsache, daß
viele Renatisten das für gut heißen und sich die Hefte
mit den täglichen Losungen kaufen, spricht doch für sich.
Ceryx
Und die Auslegungen dazu?
Jonas-Erpelfuß
Ich bin exegetischer Renatiker. Ich habe meine wissenschaftlichen
Methoden, mit denen wir dem ursprünglichen Gehalt der Renatika
nachspüren können. Wenn nun irgendein Assistent, weil er
wohl meint, bei seinem Professor damit Eindruck schinden zu können,
mit populären Auslegungen daherkommt, dann ist das seine Sache.
Was ich da lese, das habe ich alles schon einmal gehört. Das
kann sich doch jeder zusammenreimen, der noch niemals seinen Fuß
über die Schwelle eines renatistischen Hörsaales gesetzt
hat! Wenn Sie mich fragen - und das tun Sie ja -, dann ist es peinlich,
wozu sich manch angebliche Wissenschaftler herablassen.
Ceryx
Das war eindeutig. Wir danken für dieses Gespräch.
5. Aus gegebenem Anlaß des Verschwindens
zweier Türme fühlen wir uns verpflichtet, eine Losung des
September letzten Jahres erneut zur Kenntnisnahme zu geben:
EvFrank 5,31
Siehst du keinen Wald mehr, dann ist er fort.
Renanata!
Fragt nicht nach Dingen, die fort sind!
In diesem kurzen Satz vereint sich die Antwort auf die vielen unbeantworteten
Fragen unseres Lebens, deren Last uns bedrückt.
Das ganze Leben Renates hindurch, schon von frühester Kindheit
an, begegnet uns dieser Satz. Er scheint als wirksame Entgegnung auf
die Verwunderung der Welt über sich selbst eine magische Kraft
zu besitzen.
Die Sägewerksarbeiter wunderten sich sehr, denn 400 Stämme
erreichen die Fabrik.
Die Puppenlappener dagegen frugen sich, wohin ihr schöner alter
Wald verschwunden war. Siehst du keinen Wald mehr, so ist er
fort, sagte sie ihnen. (EvFrank 3, 5-7)
Die erdverbundenen Arbeiter an den Sägen wundern sich, aber sie
fragen nicht. Dagegen fragen die Puppenlappener nach dem
Wald, der fort ist. So ist Renates Entgegnung nur an die Puppenlappener
gerichtet, die über das Fragen die Wunderlichkeit des Vorgangs
nicht erkennen, der keiner Nachfrage bedarf.
Fragt nicht nach Dingen, die fort sind!
Als Renate zehn Jahre alt war, begann sie, Lasten zu transportieren.
und als man sie frug wo die Wälder sind, sagte sie: Siehst
du keinen Wald mehr, so ist er fort.
"Die Puppenlappener wußten, daß Renate-Jenny Dinge
verschwinden ließ, und sie brachten ihren Sondermüll zu
ihr." (EvFrei 2,17/18) Hier wiederum haben die Menschen in Puppenlappen
Renates Antwort als Chance erkannt.
Fragt nicht nach Dingen, die fort sind!
Renanata!
(Aus der Neubearbeitung des Segen Renates von Dr.
Leo Pold aus dem Jahre 2116. Die Neuausgabe bereitet Prof. Sorge,
mit Unterstützung eines Nachfahren Dr. Leo Polds: Leo Pold, Assistent
bei Prof. Sorge in Puppenlappen)
fs / bä
Die Renatika sind zur Zeit vergriffen, aber sonst erhältlich
bei:
Kreatives Schreiben e.V.
Brachvogelstr. 6
10961 Berlin