Nach zehn Jahren Pause endlich mal wieder ein Opernball in der
Landeshauptstadt Stuttgart - dem 50-Jahr-Landes-Jubiläum sei
Dank! Party bis vier Uhr morgens. Zwar nicht der Wiener Opernball,
aber ein ganz eigenes schwäbisches Flair.
Sicherlich: am 2. März 2002 drückten sich keine kreischenden
Teenies an den abgegrenzten Zaunmauern vor der Stuttgarter Oper die
Nase platt, aber wie Herr Zehelein, der Intendant der Staatsoper Stuttgart,
richtig bemerkte: Wir brauchen keine eingeflogenen Stars. Wir
haben selbst die Stars! Warum für die Mozartarien aus Cosi
fan tutte eine anstrengende Operndiva einfliegen, wenn man ein
wunderbares Opernensemble mit Naglestad, Schneidermann, Shankle &
Co. besitzt, das das ganze Finale aus dem ersten Akt auf die Bühne
zaubert?! Warum irgend einen verstaubten alten Fernseh-Entertainer
hervorkramen, wenn man in dem charmanten Ballettintendanten einen
Moderator vorfindet, der mit seiner durch eine Erkältung kratzigen
und rauchigen Stimme so sexy durch den Abend führt?!
Warum für einen Musicalausschnitt jetlaggeschädigte Broadwaymiezen
einfliegen, wenn das weltberühmte John-Cranko-Ballett einfach
alles kann - sogar steppen?! Und warum einen doch nicht wirklich lustigen
Kabarettisten bemühen, wenn in dem Ex-Oberbürgermeister
von Stuttgart, Manfred Rommel, ungeahnte komödiantische Talente
schlummern?!
Das eineinhalbstündige Opernprogramm war ein großer Erfolg,
trotz oder gerade weil nur eigenes Hauspersonal den Abend
gestaltete. Dabei war es anfangs für das Opernensemble gar nicht
so leicht, die Aufmerksamkeit der gefräßigen Ballgäste
mit dem Finale aus Verdis Falstaff auf sich zu lenken.
Doch als schließlich die jungen Schülerinnen und Schüler
der John-Cranko-Schule mit einem zauberhaften Aufmarsch auf die Bühne
kamen, schaute jedermann ihnen entzückt zu. Ein wunderschönes
Bild - das nur noch durch das Defilee der Eleven, dem Corps de ballet
bis zu den Ersten Solisten übertrumpft wurde, die - hach! - traumhaft
über die Treppe von der Königsloge auf die Bühne schwebten.
Das Ballett begeisterte weiterhin mit seiner Uraufführung der
bunten Revue Sugar, wobei selbst die Tänzerinnen
sangen. Das vom Alt-OB Manfred Rommel geschriebene, mit Spannung erwartete
Schauspiel: Auftritt eines schnell mit einem langsam sprechenden
Schwaben gewann dank seiner im Städtle schon
bekannten, herzhaften Komik rasch an Fahrt, obwohl nicht alle Ballgäste,
wie sie betonten, des schwäbischen Dialekts mächtig waren.
Ein strahlendes Finale des Ballprogramms gestaltete wieder das Ballett
mit Ausschnitten aus dem Musical 42nd Street, das die
schwarze Opernsängerin Tichina Vaughn glanzvoll mit ihrer souligen
Stimme bestimmte. Zu Walzerklängen von Lehár schließlich
eröffneten die Ballettsolisten Julia Krämer und Tamas Dettrich
mit Erwin und Edeltraud Teufel gegen 22.30 die Ballnacht, wobei Herr
Teufel mit raschen Walzerdrehungen überraschte und seine Gattin
sich tapfer schlug. Doch das war noch nicht das Ende des Balls, nein
erst der Anfang einer langen Nacht! Auf drei Ebenen gab es Tanz, Verköstigung
und musikalische Unterhaltung. Am beliebtesten war jedoch die große,
prächtige Treppe, die von der Königsloge aufs Tanzparkett
führte und eigens für diesen Abend aufgebaut worden war:
Sehen und gesehen werden war die Devise!
An den eigentlichen Anlass, nämlich das 50-jährige Jubiläum
des Landes Baden-Württemberg vom 15.5. 1952 zu feiern, wurde
jeder Ballbesucher noch nach Verlassen des Festes erinnert - jeder
bekam eine kleine Anstecknadel mit Wappen und Festschriftzug geschenkt.
Vielen Dank, Baden-Württemberg!
sn