APRIL
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2002
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Das
Oderbruch: Seine Geschichte bis zur Trockenlegung
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Teil I
"Naturdenkmal Torulmen" vor dem Eingang eines mittlerweile v�llig verfallenen Hauses vom Ende des 18. Jahrhunderts. |
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Nachdem das Oderbruch beim großen Hochwasser im Sommer 1997
wochenlang in den Medien war, liegt es längst wieder in dem für
Brandenburg üblichen Dornröschenschlaf. Nur vereinzelt wird
noch in den Lokalblättchen berichtet, wenn mit den aus Bundesmitteln
zur Verfügung gestellten Ausgleichszahlungen für die Folgeschäden
die an den Straßen stehenden Obstbäume gefällt werden.
So sollen an dieser Stelle in den folgenden Ceryx-Ausgaben einige
Beiträge über das Oderbruch folgen, über das es in
touristischen Werbebroschüren recht vollmundig - wenn auch nicht
ganz unzutreffend - heißt: Hier geht in Deutschland die
Sonne auf. Von 1747 bis 73 wurde der Lauf der Oder in ihr heutiges Bett verlegt und die Alte Oder buchstäblich stillgelegt. Durch Wasserregulierungen und Deichbauten (allerdings nur auf der heutigen deutschen Seite) wurde das ursprünglich unwegsame Gebiet urbar gemacht. Bereits von Friedrich Wilhelm I. als politisches Vermächtnis angeordnet, stimmte Friedrich der Große dem erst nach Vorlage exakter Pläne zu. Diese mußten erst von international anerkannten Persönlichkeiten, wie dem Schweizer Mathematikprofessor Leonhard Euler oder dem holländischen Wasserbauingenieur Simon Leonhard Haarlem begutachtet werden. |
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Der Hauptgraben bei Zechin |
Die Straße von Baiersberg: Zwei Spinnerhäuser, Ende 18. Jh. |
Erst mit dieser Trockenlegung vor gut 250 Jahren wuchsen
die bestehenden Dörfer an. Von den slawischen Dorfformen ist kaum
noch etwas erkennbar. Deutlich ist aber, daß es dort ursprünglich
keine eigenen Kirchen gab. Davon abgesehen, daß diese Dörfer
sehr klein waren, entsprach es auch der slawischen Sitte, Kirchen analog
zu den alten Kultheiligtümern an einem besonderen Ort zu errichten.
Nur in Falkenhagen, dessen kraftvoller, großzügiger Felssteinbau
einst als Bischofskirche des polnischen Bistums Lebus diente, sowie
auf den Höhen westlich des Oderbruchs, die im Mittelalter durch
den Templerorden mit deutscher Bevölkerung kolonisiert wurden,
waren spätromanische Feldsteinkirchen entstanden. Topographisch handelt es sich um Straßendörfer. Beidseitig einer schnurgeraden Straße wurden Doppelhäuser mit kleinen Vorgärten errichtet. Die Parzellierung ist bis heute größtenteils unverändert. Vereinzelt stehen noch die originalen, ab 1789 errichteten Wohnstätten - wenn auch in einem schlechten baulichen Zustand. Sie entsprechen kaum den heutigen Vorstellungen. Neben einer Küche bestand die Wohnfläche aus einer etwa 16 qm großen, beheizbaren Stube, an die sich eine etwa 7 qm große Kammer anschloß. Insgesamt standen für eine durchschnittlich vierköpfige Familie rund 23 qm Wohn- und Arbeitsfläche zur Verfügung. Die Innenhöhe der Räume betrug etwa zwei Meter. Von der Rückseite zugängig war der im Hause angeordnete Stall von ca. 8 qm. Das Dach war nicht ausgebaut. Vom Erdgeschoß bestand kein Zugang zum Dachboden. Eine Unterkellerung fand nicht statt. Die Trennwand war so dünn, daß die Nachbarn alles mithören konnten. Selbst Friedrich der Große soll bei einer Besichtigung gesagt haben: Da habe ich ja richtige Zankhäuser gebaut! In diesen Dörfern sollten sich die Arbeitskräfte selbst ernähren. Diese wurden zum einem für die Wollspinnerei für die Berliner Fabriken und zum anderen für die Landwirtschaft eingesetzt. Der Kostenaufwand für Trockenlegungen, Dorfgründungen und Ansiedlung der Spinnerfamilien betrug ca. 600.000 Taler. Vergleichsweise sei angeführt, daß der Siebenjährige Krieg 139 Millionen Taler verschlang. bä |