MAI
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2002
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Klangkörper:
Tanzstücke von Daniela Kurz und Stijn Celis
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siehe
auch: |
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Eine dunkle Bühne, Musik von Bach, lediglich
ein kniehoher beleuchteter horizontaler Spalt. In diesem sind nur die
Füße der Tänzer, die Zehen, die Knöchel, die Beine
höchstens bis zum Knie zu sehen. Sie tauchen am einen Ende des
Spalts auf, dann wieder am anderen, mehrere gleichzeitig oder mal nur
ein Bein. Sie pendeln, recken sich, tänzeln, trippeln, schweben,
strecken sich, verschmelzen mit der Musik.
So sieht das erste Bild aus dem Ballett "Geschwinde, ihr wirbelnden Winde..." von Daniela Kurz und Stijn Celis aus, das seit Dezember am Opernhaus Nürnberg läuft. Wer aber bei dem Stichwort Ballett Tütüs à la Schwanensee erwartet, wird wohl enttäuscht werden. Wer sich allerdings auf etwas ganz anderes einlässt, über die ungewöhnlichen Elemente staunt und sich an der Ästhetik von Klang und Körpern erfreut, der wird voll auf seine Kosten kommen und begeistert sein. Bachs Musik, seien es Solostücke für Cembalo, Flöte, Fagott, Quartette transkribiert für Saxofone oder auch Orchesterstücke, werden dabei auf erstaunliche Weise in Tanz übertragen. So geben in einem Tanzstück das bloße Muskelspiel und die Bewegungen eines Bauchs und Oberkörpers die Harmonien der Musik wieder, der Rest des Körpers bleibt unsichtbar. Dann wiederum könnte man in einem der sich spannenden und zuckenden Rücken einen Schmetterling erkennen. Bald sieht man sich windende Körper, die dem Betrachter durch die Bälle, die unter die schlichten Gymnastikhosen und Hemden der Tänzer gestopft sind, irrwitzig verdreht vorkommen. In einer anderen Szene gleichen die fließenden Bewegungen einer Gebärdensprache, die mit dem ganzen Körper gesprochen wird. Und dabei geht immer Bachs Musik auf eine ganz eigentümliche Art in die Bewegungen der Körper über. Diese "Klangkörper" scheinen die Musik sichtbar zu machen und werden aber gleichzeitig von ihr gezogen, getrieben und geschüttelt. So entfaltet das Zusammenspiel zwischen Musik und schnörkellosem Tanz eine außergewöhnliche Ästhetik. Choreographiert wurde das Ballett zur einen Hälfte von der Ballettdirektorin der Nürnberger Oper, Daniela Kurz, zur anderen von dem Belgier Stijn Celis. Stijn Celis erstellte nach seiner Tänzerlaufbahn Choreographien für verschiedene europäische Bühnen und unterrichtet daneben zeitgenössischen und klassischen Tanz. 2001 nominierte ihn die Zeitschrift "Ballett international" als besten Nachwuchschoreographen. Daniela Kurz wurde 1996 ebenfalls nominiert und erhielt noch mehrere weitere Stipendien und Preise, wie den Regio-Förderpreis für Darstellende Kunst oder den staatlichen Förderpreis für junge Künstler des Freistaates Bayern. Bevor sie 1998/99 als Ballettdirektorin nach Nürnberg kam, realisierte sie zahlreiche Auftragsarbeiten und gründete 1993 das Ensemble TrANZFORM. In Nürnberg entstanden bereits sieben Arbeiten, so z.B. "Eine Winterreise", ein Tanzprojekt mit sechs Gastchoreographen, oder "The Fall of the House of Usher" nach einer Oper von Philip Glass. Wer jetzt Lust bekommen hat, sich "Geschwinde, ihr wirbelnden Winde..." selbst anzusehen, sollte sich folgenden Termin freihalten: Eine weitere Aufführung des Tanzabends findet am 19.6.2002 am Opernhaus Nürnberg statt. Aber auch die Stücke "Mr. Gould, bitte!" (10.5., 16.7., 23.7.) und "The Fall of the House of Usher" (18.5., 7.6., 21.6.) von Daniela Kurz stehen ebenfalls noch auf dem Spielplan und sind sicherlich auch einen Besuch wert. bk |