OKTOBER
2003

 
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Antike Mythologie: Ganymed


Ganymed, GanumhdhV

„Ganymed“ war nicht nur ein Weinrestaurant zu DDR-Zeiten (in Berlin nahe des Bahnhofes Friedrichstraße) - wobei der in diesem untergegangenen Staatsgebilde allseits gepflegte Humanismus eine Verbindung mit antikem Kulturgut natürlich nahelegt... Denn nach Hebe war es Ganymed, der fortan im Olymp das Amt des Mundschenks ausübte.

Homer (Ilias XX, 231-235), Vergil (Aeneis V, 252ff.), Ovid (Metamorphosen X, 155ff.) und anderen antiken Schriftstellern zufolge galt Ganymed als einer der Söhne des Trojerkönigs Tros und dessen Gattin Kallirrhoe. Das Kind wuchs zu einem wunderschönen Knaben heran, so daß die GöttInnen wünschten, er möge der Mundschenk Zeus‘ werden. Zeus selbst begehrte den schönen Jüngling eher als Bettgenossen. Er nahm Adlergestalt an und entführte ihn vom Berg Ida in den Olymp. Später verlieh er ihm Unsterblichkeit, indem er ihn als das Sternbild Aquarius (Wassermann) in den Himmel versetzte. So wurde Ganymed auch Symbol für den Winterregen, der den Mittelmeermenschen das lebensspendende Wasser bringt.

In den antiken Abbildungen zeigt die phrygische Mütze seine asiatische Herkunft an. Daraus läßt sich auch ableiten, daß die Sage von der Entführung des Ganymed selbst in Kleinasien ihre Heimat hat. Sein Amt als Mundschenk zeigt die Schale, die er in der Hand trägt, und daß er als Diener der GöttInnen zum Olymp gehört, wird am Adler des Zeus kenntlich, der neben ihm steht und den er oft tränkt und liebkost.

Im übrigen war das homoerotische Interesse Zeus‘ am schönen Ganymed bereits in der Antike dahingehend ersetzt worden, daß behauptet wurde, die Gottheit hätte nicht dessen körperliche Schönheit erregt, sondern sich vielmehr an der Reinheit seiner Seele erfreut. In der Renaissance vertraten die Neuplatoniker dieselbe Auffassung. So taucht Ganymed in der Emblematik nicht als schöner Jüngling, sondern als Knabe auf, dessen reine Seele nach GOtt verlangt. Dies führte ab dem 17. Jahrhundert zu Darstellungen, bei denen früh verstorbene Kinder in der Gestalt des gen Himmel getragenen Ganymed verewigt wurden.

Eine bekannte Umsetzung des Motivs stellt Rembrandts „Raub des Ganymed“ aus der Dresdner Galerie Alte Meister dar. Doch kann von „reiner Seele“ hier kaum die Rede sein. Das Kind wehrt sich, weint und - eine durchaus natürliche Reaktion der Angst - pullert. Hier dürfte Rembrandt im wahrsten Sinne des Wortes an den die Erde fruchtbar machenden Wassermann gedacht haben.