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SEPT.
01
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Gibt es
bald nur noch eine einzige Sprache auf der Welt?
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Sprachensterben |
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Chinesisches Mandarin, Spanisch, Englisch, Bengalisch,
Hindi, Portugiesisch, Russisch und Japanisch haben eine Gemeinsamkeit:
Für sie wird das Sprachensterben wegen ihrer großen Sprechergemeinde
und ihrer Bedeutung wohl kaum eine Bedrohung darstellen. Leider läßt
sich dies von der Mehrheit der Sprachen nicht behaupten, denn ungefähr
alle zwei Wochen verschwindet eine weitere. Mit diesem Phänomen
beschäftigen sich zwar Linguisten, wie z.B. der Sprachwissenschaftler
David Crystal in seinem Buch "Language Death" (in Anlehnung
daran auch einige nachfolgende Fakten), von einem breiten Bewußtsein
für die Problematik kann aber nicht die Rede sein.
Die verschiedenen Zahlen, die zwar teilweise voneinander abweichen, zeigen jedoch alle, dass die heutige Spachenvielfalt bald stark geschrumpft sein dürfte. Die derzeitige Sprachenzahl wird je nachdem mit 3000 bis 10.000 Sprachen beziffert, wahrscheinlich sind es tatsächlich so um die 6000. Und davon werden etwa die Hälfte im Laufe der nächsten 100 Jahre verschwunden sein. Pessimistischere Schätzungen halten sogar den Tod von 90% aller heute existierenden Sprachen für möglich. Besonders gefährdet sind natürlich diejenigen Sprachen, die nur noch von Wenigen verwendet werden. Außerdem steigt der Gefährdungsgrad, sobald eine Sprache nicht mehr alle Funktionen wahrnimmt und aus bestimmten Sachgebieten verdrängt wird. Auch die Einstellung der Sprecher ihrer Sprache gegenüber spielt eine gewisse Rolle. Vor allem im Bereich des Äquators, also in Südostasien, Indien, Zentralafrika oder Südamerika sind viele dieser bedrohten Sprachen zu Hause. Aber auch in Europa ist die Situation für 23 der 48 Minderheitensprachen kritisch, wie die EU-Studie "euromosaic" schon 1996 belegte. Die Gründe für das Aussterben von Sprachen sind meist politischer Natur und zudem auch nicht unbedingt neu: Sterben die Sprecher durch Katastrophen oder Völkermord, so stirbt auch ihr Verständigungsmittel. Es genügt allerdings schon staatliche Zentralisierung oder die Anpassung einer Sprechergemeinschaft an eine fremde Kultur, die dann in die Übernahme deren Sprache aufgrund politischer, ökonomischer oder sozialer Ursachen mündet. Deswegen sind, wie gesagt, schon seit jeher Sprachen von der Bildfläche verschwunden. Was heute allerdings bedenklich erscheint, ist die Tatsache, dass nie zuvor in solchem Umfang und mit solcher Geschwindigkeit ein Idiom nach dem anderen unterging. Zudem entstehen auch nicht mehr so schnell wie früher neue Sprachen. Hierfür könnte die zunehmende Globalisierung, die eben Kommunikation zwischen den entferntesten Regionen in einem bisher nicht gekannten Ausmaß nötig macht, verantwortlich sein. Dabei bringt die Dezimierung der Sprachenvielfalt einen großen Verlust mit sich, denn Sprache vermittelt Informationen und jede Sprache tut dies auf andere Weise. Dadurch spiegelt sich die jeweilige Weltsicht und die Denkweise der Sprecher wieder. Zugleich ist sie auch der Ausgangspunkt für literarisches Schaffen oder für die Überlieferung von Ideen und Wissen, das zusammen mit der Sprache verloren ginge. Deshalb engagieren sich seit einiger Zeit mehrere Organisationen mit Dokumentation und Projektförderung für den Erhalt der Sprachenvielfalt. So z.B. die Gesellschaft für bedrohte Sprachen, The Endangered Language Fund oder Terralingua. Bei letzterer ist interessant, dass nicht nur eine Parallele zwischen dem Artensterben im Tierreich und dem Sprachensterben gezogen wird, sondern, dass beides in tatsächlicher Verbindung gesehen wird. Man hat u.a. festgestellt, dass Gebiete, die Lebensraum für besonders viele Tier- und Pflanzenarten bieten, oft gleichzeitig eine außergewöhnliche linguistische Vielfalt aufzuweisen haben. In diesem Zusammenhang beklagt sogar der WWF den Untergang der Sprachen, mit denen nicht selten traditionelles und mündlich überliefertes Wissen über die Ökologie verlorengeht. Wichtig ist also, dass sich ein Bewußtsein für die Bedrohung der Sprachen entwickelt, denn sonst ist es nach David Crystal in einem Interview mit der Zeitung Die Welt "theoretisch möglich, dass es in 500 Jahren nur noch eine Sprache auf der Welt gibt. Das wäre für das Geistesleben die größte Katastrophe, die die Welt je gesehen hat." bk |
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