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LITERATUR

 

Armistead Maupin: "The Night Listener"
Armistead Maupin
The Night Listener
Blackswan Books
London, 2001

Lange mußten seine Fans auf ein neues Buch warten. Armistead Maupin ist seit dem Welterfolg seiner Stadtgeschichten (Tales of the City) zum Kult-Autor avanciert. Mit The Night Listener legt er nach über 8 Jahren (seit Die Kleine (Maybe the Moon)) wieder einen neuen Roman vor, der starke autobiografische Züge hat.

Gabriel Noone ist Schriftsteller mit einer eigenen Radiosendung in San Francisco. Nachdem er von seinem Partner Jess verlassen wurde, verfällt er in Schwermut und ist in seinem Schreiben mehr als blockiert. Jess ist ausgezogen, nachdem er die Auswirkungen seiner HIV-Infektion durch Medikamenten-Cocktails in den Griff bekam und neue Lebensperspektiven suchte. Wer Patrick Gales Biografie (siehe unten) über Armistead Maupin studiert, wird Parallelen zu dessen langjährigen Partnerschaft mit Terry Anderson entdecken. Ihm ist auch dieser Roman gewidmet.

Eines Tages erhält Gabriel Noone von seinem Verleger das Manuskript eines jungen Autors. Der 13 jährige Pete Lomax verarbeitet darin seine traumatische Kindheit. Bereits im Alter von vier Jahren wurde er von seinem Eltern und einem pädophilen Ring missbraucht. Seit er sich von diesem grauenhaften Elternhaus befreien konnte, lebt er nun mit seiner Pflegemutter Donna Lommax, einer Psychologin, im Mittleren Westen. Aber der junge Pete
ist deutlich von einer AIDS-Erkankung gekennzeichnet. Die Radiosendungen Gabriel Noones waren ein entscheidender Lichtblick im Leben des Kindes, neuen Lebensmut zu finden. Zwischen dem altklugen Jungen Pete und seinem Radio-Idol Gabriel Noone entwickelt sich übers Telefon eine skurrile "Vater-Sohn-Beziehung", in der beide Protagonisten voneinander lernen und reifen. Der Plot könnte leicht zu einer pathetischen Herz-Schmerz-Seifenoper abgleiten, doch mit viel erzählerischem Geschick gelingt es Maupin, einen besonderen Spannungsbogen aufzubauen, der das Buch zu einem wahren Thriller werden lässt.

Die Beziehung zwischen Noone und dem Jungen Pete entwickelt sich zu einem Drahtseilakt, in dessen Verlauf Noone all seine Lebensbeziehungen, sich selbst und die Realität als solches in Frage stellen muss. Noone muss sich nicht nur mit seinem Ex-Partner Jess, sondern auch mit seinem Vater auseinandersetzen. Auch hier finden sich zahlreiche Parallelen zu Maupins eigener Biografie.

Und auch die Fans der Stadtgeschichten kommen im Kapitel "Giving up the Ghost" auf ihre Kosten. Ein wahrlich spannendes Buch ­ nicht nur passend zum Welt-Aids-Tag oder vorweihnachtlicher Gefühlsduselei. Für hartgesottene Stadtgeschichten-Fans an dieser Stelle noch die Anmerkung: Der dritte Band ist im Mai diesen Jahres bereits in den USA verfilmt worden - wieder mit Olympia Dukakis und Laura Linney in den Hauptrollen. Mehr Infos auch auf der Website des Autors.

um


Patrick Gale
"Armistead Maupin"
Absolute Press
Bath/Somerset (U.K.), 1999